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Bionade-WerbungTrinken für eine bessere Welt

Tue Gutes und bezahl dafür: Wie Firmen ihren Kunden ein gutes Gewissen verkaufen, demonstriert die Limonadenmarke Bionade.

Ob man sich auch wünschen darf, die Bionade-Fee von der Biomesse möge verschwinden, aber schnell? Bild: dpa

"Das offizielle Getränk einer besseren Welt": Mit diesem Slogan warb Bionade in den vergangenen Wochen auf Bill-Boards. Dass alles, was sich mit dem Präfix "Bio-" schmückt, besser zu sein beansprucht als der Rest der Welt, ist in diesem Fall aber nur die halbe Botschaft. Vielmehr hebt die Werbung eher auf einen moralischen als auf einen ökologischen Mehrwert des Limonaden-Labels ab. Der einzige Text auf den Plakaten verweist nämlich auf eine Website mit dem Namen Stille Taten. Wer dort nachschaut, erfährt von einer wundersamen Marketingkampagne. So wird man animiert, ein gutes Werk - eben eine stille Tat - zu vollbringen, um einem anderen Menschen eine Freude zu bereiten.

Vorschläge gibt es genügend auf der Seite: Der Kassiererin im Supermarkt lässt sich ein Geschenk auf's Band legen, man kann jemandem einen Lottoschein stiften oder das Auto waschen, oder man geht in eine Buchhandlung, um ein Lieblingsgedicht in einem Band zu verstecken. Unbedingt jedoch soll der Wohltäter - das wird immer wieder betont - anonym bleiben, der Begünstigte also darüber rätseln, wer ihn so nett bedacht hat. Als einziges Zeichen soll der Stifter eine Karte hinterlassen, die er sich von der Website herunterladen und ausdrucken kann. Natürlich steht auch hier wieder die Webadresse, und es ist zu erwarten, dass, wer eine unerwartete Zuwendung bekommt, neugierig im Internet nachschaut, um vielleicht doch noch Aufklärung über den Spender zu erhalten. Dass Bionade hinter dem Projekt steht, ist dann schnell erkannt, denn die Marke wirbt auf der Seite alles andere als still für sich. So will das Unternehmen die Glücksgefühle, die die erfahrenen Wohltaten auslösen, mit dem eigenen Namen in Verbindung bringen und eine möglichst starke emotionale Beziehung zwischen seinen Produkten und den Begünstigten aufbauen.

Doch wird hier nicht nur das karitative Engagement gutmütiger Menschen instrumentalisiert? Ist es nicht geradezu perfide, den Akteuren Anonymität abzuverlangen, um selbst alle Dankbarkeit zu ernten? Es lässt sich also darüber klagen, dass nun selbst noch die Nächstenliebe in den Dienst einer Imagekampagne genommen wird, ja dass ein Unternehmen auf die Herzensgüte anderer setzt, um selbst gut dazustehen. Warum rekrutiert - und bezahlt - Bionade nicht Leute, die im Auftrag des Unternehmens die Autos waschen und Gedichte verteilen? Dann schüfe man wenigstens Arbeitsplätze und dürfte mit Recht für sich in Anspruch nehmen, eine bessere Welt schaffen zu wollen. Aber - so lässt sich gegenfragen - ist nicht auch jetzt schon allen Beteiligten geholfen?

Die einen fühlen sich gut, weil sie etwas Gutes tun, ohne dafür bezahlt zu werden, die anderen fühlen sich gut, weil sie etwas Gutes empfangen, und das Unternehmen darf sich als Initiator der guten Taten den moralischen Mehrwert auf die Fahnen heften. Hat sich aber erst einmal herumgesprochen, dass Bionade um ein besseres soziales Klima bemüht ist, dann wird sich der einfache Konsument der Produkte dieser Marke ebenfalls ein bisschen besser fühlen, unterstützt er doch mit seinem Geld eine gute Sache. Und wenn er etwas mehr zahlen muss als für die Limonade einer Konkurrenzmarke, fühlt er sich um so besser, denn dann hat er das Gefühl, dass für das Geld auch wirklich etwas getan wird.

Die Bionade-Kampagne zielt somit letztlich darauf ab, den Kunden gutes Gewissen zu verkaufen. Und damit liegt sie ganz im Trend. Kaum etwas wird in letzter Zeit nämlich so gerne zum Produkt gemacht wie das gute Gewissen. Marken nehmen Werte wie Nachhaltigkeit, Klimaschutz oder soziale Gerechtigkeit für sich in Anspruch, sie erfinden immer neue Gütesiegel, die sie als besonders ökologisch oder fair ausweisen sollen, und sie betonen ihre Verantwortlichkeit. In vielen Varianten werden dem Konsumenten Geschichten erzählt, die ihn in der Rolle des sensiblen Mitbürgers, aufgeklärten Aktivisten und moralischen Vorbilds erscheinen lassen. So viel gutes Gewissen wie heute war also noch nie zu kaufen. Man muss es sich jedoch leisten können, gilt doch die Faustregel, dass die Moral-Geschichten ziemlich kostspielig sind. Damit funktioniert der Moral-Konsum nach demselben Prinzip wie der Ablasshandel des Mittelalters, als man sich mit Geld vom Fegefeuer freizukaufen - und ein reines Gewissen zu erwerben - versuchte: Wer reich war, zahlte an die Kirche oder engagierte andere Menschen, die an seiner Stelle fasteten oder auf Wallfahrt gingen. Heute kauft man sich eine Limonade, lässt andere stille Taten vollbringen - und genießt dafür das gute Gewissen. Nur wer auf jeden Cent schauen muss, hat - wie ehedem - Pech und muss auf das Gefühl verzichten, auf der richtigen Seite zu stehen.

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22 Kommentare

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  • MS
    Michi Schmatter

    Ich frage mich, was ist an bionade so Besonderes dran? Hauptsächlich ist Wasser (evtl. Leitungswasser) enthalten und für Wasser gibt es keine Bio-Zertifizierung, aber es trägt das Bio-Siegel. Dann gibt es noch Zucker darin (Bio-Zucker). Beim Getränk Litschi sind nicht einmal Litschi aufgeführt, sondern lediglich "natürliche Aromen". Und diese könnten auch von einem Stück Holz stammen.

  • N
    NIMN

    guter Artikel aber schlecht recherchiert. Bionade (Super-Gesöff übrigens) verbreitet sich doch nur in Warp-Geschwindigkeit, weil die Vertriebskanäle von Coca-Cola genutzt werden....und deshalb muss Bionade mit Coca-Cola in einem Atemzug genannt werden...und was hat Bionade dann noch mit einer besseren Welt zu tun?

  • R
    Reinhardt

    WIE MAN SOVIEL BLÖDSINN NUR SCHREIBEN KANN: BIONADE IST EINES DER ERSTEN UND WENIGEN EINWANDFREIEN PRODUKTE OHNE NEBENWIRKUNG UND ZUDEM KONZERNFREI:MAN MUSS JA NICHT MITMACHEN: DIE IDEE IST DOCH CLEVER FÜR EINEM MITTELSTÄNDLER OHNE MULTI MIO BIER ETAT; ODER?

  • CS
    Charlie Schleuter

    ich denke, trotz der Werbekampagne ist die Bionade für die Umwelt das bessere Produkt (vgl mit konv. Erfrischungsgetränke). Auch wenn ich wenig Geld habe, trinke ich lieber 1 x Bionade und viel Wasser, statt vielen konventionellen, gesüßten, gefärbten Wässerchen. Sollte die Produktion von Bionade auch noch unter ökologisch günstigen Bedingungen stattfinden (Öko-Audit z.B. aber das weiß ich nicht), wäre das nochmal ein Pluspunkt.

  • A
    assi009

    Bionade erzeugt bei mir extrem viel Luft in den Innereien. Deshalb trink ich's nicht mehr.

    Jetzt aber auch im Kopf, dank Werbalem durch die Augen. Auf die Kampagne möchte ich wirklich gern mal alles ablassen.

    Und...

    Mir gefällt der Artikel mit seinem Gedankensprung zum Mittelalter. Und die Spitzen gegen Bio-Selbstgerechtigkeit.

    Sonniger Gruß, wir sehen uns im Bioladen

  • KR
    Karl Raduns

    Was wollt ihr denn eigentlich? Immer dieses Herumgeblöke. Bio-Lebensmittel sind nicht teuer, der "normale" Kram ist einfach zu billig. "Aromastoffe" sind nicht automatisch böse. Werbung und Geld verdienen ist nicht automatisch schlimm.

    Und: Bionade wird NICHT ausschließlich von Coca Cola vertrieben! Wie oft muss man das noch sagen? Coca Cola vertreibt Bionade - wie VIELE ANDERE AUCH - als Handelsware. Irgendwo hörte ich vor kurzem: Coca Cola kann es sich schlicht nicht leisten, Bionade nicht zu vertreiben.

     

    Und zum Abschluss: Der Spruch lautet "Das offizielle Getränk einer besseren Welt." Das bedeutet was anderes als "für eine bessere Welt."

     

    Nichts für ungut: Karl

  • SG
    sonniges gemüt

    was für ein beschissener scheinheilger artikel, und dann noch ne cocacola werbung reingedrücktz na dann prost!

  • K
    kannnichsein

    was für ein scheißscheinheiliger bullshitartikel!!!!!!!!!!!!! und dann noch ne cocacolawerbung reingedrückt!!! prost!!!

  • RF
    R. Fritz

    Man traut es sich ja kaum zuzugeben, aber ich trinke das Zeugs, weil es a) schmeckt und b) in der Kneipe und beim Straßenfest locker in der Hand liegt wie ne Pulle Bier, aber eben kein Alk ist ;-)

    Die Werbung kannte ich nicht mal und kann sie gut weiter ignorieren.

  • T
    Thomas

    Ich verstehe die Aufregung überhaupt nicht! Von vielen Firmen werden deutlich schlechtere Produkte wesentlich schlechter beworben, inzwischen auch wieder zunehmend mit sexistischen Bildern.

    Da finde ich die Unterstützung von Bionade für die Stille-Taten-Seite doch besser und auf der Website auch nicht so dominant wie im taz-Artikel nahegelegt wird.

    Die hier in einem Kommentar vorgeworfene Nähe zu Coca Cola kann so eng auch nicht sein, Bionade verweigert bisher standhaft die Übernahme durch Coca Cola.

    Etwas ulkig finde ich den Artikel insbesondere, da die taz ja auch neue AbonnentInnen mit fairgehandeltem Öko-Espresso lockt - wenn das mal nicht moralisch oberkorrekt ist.

     

    Moralischer Mehrwert

    Dass eine Firma ihr Werbegeld ausgibt, um sich von der besten Seite darzustellen, halte ich für normal. Wenn eine Firma dann auch noch wirklich etwas tut (öko und sozial), dann wird der moralische Mehrwert für mich auch erkennbar.

    Anders als bei anderen Firmen (z.B. ein großer Sportschuhhersteller aus Herzogenaurach), die große Imagekampagnen starten, um davon abzulenken, wie schlecht sie ihre Zulieferer in Deutschland und vor allem in Asien behandeln.

     

    Dann doch lieber ein bißchen (berechtigte) heile Welt von Bionade.

    Die Werbung mit/für Stille Taten kann ja vielleicht sogar die eine oder anderen anregen, auch eine stille Tat zu vollbringen. Das rettet nicht die Welt, macht sie aber vielleicht für irgend jemanden ein bißchen netter.

     

    Ökologischer und sozialer Mehrwert

    Einen ökologischen und sozialen Mehrwert sehe ich bei Bionade übrigens schon. Also bei dem Produkt und zugegebenermaßen nicht bei der Werbekampagne.

    Durch den ökologischen Landbau, aus dem die Zutaten für die Bio-Limo kommen werden bei uns Arbeitsplätze erhalten bzw. inzwischen sogar neu geschaffen. Dass der ökologische Landbau verträgicher ist als eine Produktion mit großen Megen an Kunstdünger und Herbiziden sei hier nur der Vollständigkeit halber erwähnt.

    Gut, gesünder als Bionade ist sicherlich eine Apfelsaftschorle aus heimischen Streuobst, aber immerhin enthält Bionade nur halb so viel Zucker wie Cola. Man muss ja auch nicht ständig Bionade trinken.

     

    Stille Taten von Bionade

    Bionade unterstützt übrigens auch selbst ganz still eine Menge toller Kultur-Veranstaltungen, einfach mit Naturalienspende. Das schafft vielen ehrenamtlichen KulturmacherInnen doch ein bißchen Freiraum für Projekte, die nicht oder nur sehr gering aus den städtischen Kulturetats gefördert werden.

    Aber wahrscheinlich ist das auch nur eine besonders perfide Strategie des Bionade-Weltkonzerns um die willenlosen KonsumentInnen mit seinen schändlichen Produkte anzufixen ...

     

    Ach so, eins noch zum Schluss: Ich bin kein Bionade-Mitarbeiter und bekomme auch kein Geld von denen.

  • J
    Jonas

    Ich finde die Kampagne geschmacklos, den Schlusssatz dieses Artikels allerdings auch. Wozu braucht man Geld, wenn man eine Tat der Nächstenliebe vollbringen will?

  • K
    kreis

    der artikel ist scheinheilig. die bionadehersteller sind pioniere, sie haben einen Familienbetrieb mit einem neuen guten produkt gerettet und verdienen vollste Anerkennung dafür. Außerdem sponsert Bionade nur die EIGENSTÄNDIGE Website "stille taten" hat der autor das vielleicht nicht begriffen? die Idee der Stillen Taten ist ebenfalls nachahmenswert. Der TAZ-Autor hat nischt kapiert, hauptache gegen etwas anstänkern!

  • TA
    Thomas Arndt

    Nicht zu vergessen, dieses Konzept wurde geklaut. Schon viel früher gab es ein Produkt, das vom schlechten guten Gewissen profitiert...

    Die TAZ

  • M
    marginal

    ich kann frans prins nur zustimmen. der artikel ist scheinheilig. die bionadehersteller sind pioniere, sie ahben seinerzeit eine kleine familienbrauerrei mit einem neuen guten produkt gerettet und verdienen vollste anerkennung dafür. außerdem sponsert bionade die EIGENSTÄNDIGE Website "stille taten" hat der autor das vielleicht nicht begriffen? die Idee der Stillen Taten ist ebenfalls nachahnenswert. Der TAZ-Autor hat nischt kapiert, hauptache gegen etwas anstänkern!

  • TA
    Thomas Albrecht

    Ich find' diese Kampagne auch blöd. Aber Bionade ist lecker und erstaunlich günstig. Vermutlich würde euch die Werbepräsenz weniger nerven, wenn ihr insgesamt weniger Werbung sehen würdet. Also: weg mit der Glotze, weniger schlechte Illus ...

  • M
    Minotaurus

    Es ist einfach ungeschickt über un-/ehrliche Werbung zu schreiben und im selben Artikel Werbung zu schalten, die auf Ehrlichkeit anspielt.

    Oder sagen wir es so: Es ist geschickt, aber unehrlich.

     

    (zur Verdeutlichung: nachdem ich meinen Adblock abgeschaltet habe, sah ich eine Werbung der Berliner Sparkasse die ihre Zinsen als ehrlich anpreist)

     

    Mal abgesehen davon halte ich Bionade für ein populäres, aber nur semiqualitatives Produkt, da es mit Aromastoffen hergestellt ist.

  • BG
    Béla Geißelhardt

    Wie einfach, FairTrade, Bio-Lebensmittel und Siegel, die umweltschonende Produkte garantieren - alles nur Ablasshandel. So verständlich der Frust und die Wut darüber ist, dass gut und nachhaltig zu konsumieren teuer sein kann - einen derartigen Quatsch wie diesen Artikel rechtfertig das nicht.

  • S
    Sebastian

    hier gibts einen erhellenden artikel zum ethischen marketing

    http://www.de-bug.de/texte/3858.html

     

    bastian

  • FP
    Frans Prins

    Bioprodukte kaufen jetzt nur fürs gute gewiesen? Cynismus ist einfach, Journalismus ein Fach. Werbt gerade die Taz nicht auch mit dem gleichen Botschaften? Ist die Taz lesen auch eine Art Ablass? Es ist immer noch besser gute Produkte zu kaufen, als nur auf die Barrikaden stehen und dann danach einkaufen zu gehen bei dem Lidl.

  • AR
    Antonius REyn

    Die Pfadfinder-Limo:

     

    Der gute Trunk für jeden Tag! - Wobei "Trunk" natürlich veraltet ist.

     

    "The good Drink for Your Bliss!" - Beid er Transsubstantion - von Wein zu Blut des Gottessohnes ist es noch etwas aufwändiger, heutzutage schon lästiger.

    Aber die Kirche ("katholon") wird auch noch die käufliche Billigvariante des himmlischen Vor- und Umtrunks kreieren.

    Dumm sind dort die Geldmacher nicht; nur gemächlicher, langsamer, behutsamer - bis die familiären Ess- und Trinksitten völlig verludert sind.

  • DW
    Dietmar Warschkun

    Das Zeug schmeckt wirklich gut, aber der Slogan "Das Getränk für eine bessere Welt" ist genauso schwachsinnig wie "Saufen für den Regenwald".

  • T
    trudi66

    Mich nervt die penetrante Werbung von Bionade inzwischen dermassen, das ich sie inzwischen nicht mehr trinken werde!

     

    ausserdem gibt es inzwischen bessere Produkte, augen auf beim bio-kauf..

     

    Wer sich den Vertrieb von Coca Cola stemmen lässt, hat mein Vertrauen sowieso nicht mehr...

     

    na denn Prost..

     

    ps. lasst euch nicht verarschen!!