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Biologe Klaus Brunsing über Eisbärenzucht im Zoo„Wir haben gelernt“

Der Zoo Hannover wünscht sich ein Eisbärenbaby. Die potenzielle Mutter Milana wartet schon hinter den Kulissen.

Mmmhh, lecker: gefrorene Unterwasser-Torte. Foto: Foto: Zoo Hannover
Andrea Scharpen
Interview von Andrea Scharpen

taz: Herr Brunsing, warum wollen Sie im Zoo Hannover Eisbären züchten?

Klaus Brunsing: Freilebende Eisbären gehören zu den gefährdeten Tieren. Wir schätzen, dass etwa 28.000 Eisbären in der Nordpolar-Region leben – Tendenz abnehmend. Wegen der Klimaerwärmung werden die eisfreien Zeiten länger. Dadurch ist es für die Eisbären immer schwieriger, ausreichend Nahrung zu finden.

Was bringt es, die Art zu erhalten, wenn ihr Lebensraum nicht geschützt wird?

Der Eisbär ist ein Botschafter für uns. Wir wollen die Menschen auf die Problematik aufmerksam machen, und das geht am besten am lebenden Tier. Außerdem wissen wir nicht, ob wir die Klimaerwärmung stoppen können und es der Eisbär über Generationen schafft zu überleben. Deshalb ist es in Zoos wichtig, eine Reservepopulation zu haben, um über eine Wiederansiedlung nachdenken zu können.

Tierschützer sagen, dass es unmöglich sei, in Zoos gezüchtete, an Menschen gewöhnte Tiere auszuwildern.

Das stimmt aber nicht. Es gibt viele Beispiele von Tierarten, die erfolgreich wieder im Freiland angesiedelt wurden. In Hannover haben wir zum Beispiel in den 80er- und 90er-Jahren gemeinsam mit anderen europäischen und amerikanischen Zoos damit angefangen, verschiedene Antilopen-Arten in ihrem ursprünglichem Verbreitungsgebiet in Nordafrika wieder auszuwildern, die dort fast nicht mehr vorkamen.

Also geht es nicht vor allem darum, mit einem Eisbärenbaby eine Attraktion zu haben?

Nein, darum geht es uns nicht. In unserem Zoo lebt gerade ein Gorilla-Mädchen, das im November letzten Jahres geboren und von der Mutter nicht angenommen wurde. Die Besucher können Yanga aber nicht sehen, weil wir wollen, dass sie bald in eine Gorilla-Gruppe integriert wird, und da ist es nicht von Vorteil, wenn sie zu viel Kontakt zu Menschen hat.

Zoo Hannover
Im Interview: Klaus Brunsing

49, Biologe, ist seit 2014 zoologischer Leiter im Erlebnis-Zoo Hannover. Für den Zoo arbeitet er schon seit 1997.

Wie bekommen Sie es hin, dass sich die Bären paaren?

Das ist Natur. Unser Eisbären-Weibchen Milana aus Moskau ist seit vier Wochen da. Sie ist an den Stall gewöhnt und kommt im nächsten Schritt in die Außenanlage. Dann können sich die Bären beschnüffeln. Unsere Einflussmöglichkeiten sind natürlich begrenzt.

Wie vermeiden Sie Erbkrankheiten?

Für jedes Individuum haben wir Daten über den Stammbaum. Ein sogenannter Art-Koordinator entscheidet, welche Tiere miteinander verpaart werden sollen. Bei Eisbären ist Inzucht kein Problem, weil die Zoopopulation auf viele Gründertiere zurückgeht.

Was heißt das?

Es sind Tiere, die mal aus dem Freiland gekommen sind.

Wie lange ist es her, dass sie gefangen wurden?

Mit der Einführung des Washingtoner Artenschutzübereinkommens im Jahr 1975 gibt es Freilandentnahmen so gut wie gar nicht mehr. Eine Ausnahme ist, wenn Waisenkinder gefunden werden. Diese Tiere werden in Zoos transferiert, weil sie im Freiland keine Überlebenschancen haben.

Sie haben 2010 ein neues Eisbärengehege eröffnet. Worauf haben Sie beim Bau geachtet?

Früher waren Eisbärenanlagen meistens Betonburgen. Man musste die Gehege gut reinigen können. Wir haben da viel gelernt und versuchen Anlagen heute abwechslungsreich zu gestalten. Es gibt bei uns unterschiedliche Böden – Felsen, Rasen, Sand und Rindenmulch. Die Tiere haben Rückzugsmöglichkeiten und bei Eisbären ist natürlich Wasser ein wichtiger Aspekt. Von den 2.600 Quadratmetern Gesamtfläche sind 900 Quadratmeter Wasserfläche.

Ist in dem Gehege noch Platz für einen dritten Eisbären? Eigentlich sind die doch Einzelgänger.

Wir halten seit sieben Jahren erfolgreich Eisbären-Männchen zusammen. Das ist eine Situation, die Sie so im Freiland nicht finden werden. Eisbären sind über Nahrung gesteuert und jeder muss sehen, wo er bleibt. Doch es gibt auch Situationen, in denen man viele Bären auf einem Fleck sieht, wenn zum Beispiel ein Wal-Kadaver angespült wurde und genügend Nahrung da ist. Unsere Tiere geraten eher in Stress, wenn man sie trennt, weil sie sich auch miteinander beschäftigen.

Könnten die Männchen jetzt aneinandergeraten, wenn Milana dazukommt?

Klar. Deshalb haben wir die Jungs erst einmal getrennt.

Wollen Sie einen Bären weggeben?

Ja, das ist geplant.

Ist das nicht schwierig für die Männchen, weil sie sich aneinander gewöhnt haben?

Das ist schwer zu beantworten. Aber bei unserem Arktos, den wir an einen schottischen Zoo abgegeben haben, hat es gut geklappt, dass er sich an einen anderen Eisbären gewöhnt hat.

Wann können die Besucher die neue Eisbärin sehen?

Das hängt davon ab, wie sich Milana eingewöhnt.

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4 Kommentare

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  • Das Journalistin Scharpen die Frage nach der Auswilderung stellt und sich dann, in einem reinen Eisbären-Artikel, mit der Antwort „Antilopen“ zufriedengibt, macht schon am Anfang auf das Gesamtniveau des Artikels neugierig.

    Wurde doch noch nie ein Eisbär aus einer Zoo-Gefangenschaft ausgewildert. Warum wohl, Frau Scharpen?

    Aber die eigentliche Absurdität kommt dann im Mittelteil. Da heißt es, das Inzucht wohl kein Problem sei, weil die Gefangenschaftspopulation auf viele Gründertiere zurückgehe und diese aus dem Freiland stammten. Erstens stammen die meisten „Gründertiere“ der Zoo-Gefangenschaft grundsätzlich aus der Freiheit (Wildfänge). Zweitens sind beide Fakten überhaupt kein Hinderungsgrund für eine spätere Inzucht in der Gesamtpopulation. So waren die einst zusammengeführten Eisbären KNUT und GIOVANNA, ihre Ur-Vorfahren u.a. Gründertiere und u.a. so genannte Wildfänge, beide miteinander verwandt. Ein möglicher Nachwuchs wäre also aus Inzucht hervorgegangen. Die öffentliche Tierrechtskritik hatte diesen Inzucht-Irrsinn damals erfolgreich gestoppt.

    Und das eine Gruppenhaltung von eigentlichen Einzelgängern doch nicht so erfolgreich, toll und eisbärenfreundlich ist, wie Zoo-Speziesist Brunsing es der naiven Journalistin erfolgreich und naturentfremdend unterjubelt, hätte Scharpen bei Zookritiker*Innen oder in einer wissenschaftlichen Untersuchung in Erfahrung bringen können. Das betrifft auch den Fakt, warum Eisbär NANUQ und nicht SPRINTER als „Partner“ für Eisbärin MILANA in Frage kommen wird. Aber warum soll man/frau Kritiker*Innen in echt zu Wort kommen lassen, wenn man/frau doch deren vermeintlich kritischen Worte erfinden kann. Und so erzeugt man/frau wieder nur das Trugbild eines ausgewogenen Journalismus. Bedauerlich.

    • @EndZOO Deutschland:

      .........So waren die einst zusammengeführten Eisbären KNUT und GIOVANNA, ihre Ur-Vorfahren u.a. Gründertiere und u.a. so genannte Wildfänge, beide miteinander verwandt. Ein möglicher Nachwuchs wäre also aus Inzucht hervorgegangen. Die öffentliche Tierrechtskritik hatte diesen Inzucht-Irrsinn damals erfolgreich gestoppt. .....

       

      Ja sie sind über den Urgroßvater verwandt, also Cousinen des 2. Grades. Da ist das Risiko von evtl. auftretenden Erbkrankheiten sehr gering. Ich glaube beide Tiere waren überhaupt noch zu jung um verpaart zu werden. Knut sollte Gesellschaft bekommen und Giovanna sollte eh wieder nach München gehen.

       

      Man kann das Gerede um Inzucht auch übertreiben.

      • @Bauer:

        Inzucht ist Inzucht. Die Gefahren der Inzuchtdepressionen bestehen also dennoch. Ob gering oder nicht, spielt keine Rolle. Und obwohl Zoo-Gefangenschaften stets von Inzuchtvermeidung sprechen, sieht es in der Realität absolut anders aus. Und es gibt bei allen Arten immer wieder Fälle von frühzeitiger Geschlechtsreife in der Zoo-Gefangenschaft. Ebenso bei Eisbären. Wer will da behaupten, dass hätte KNUT überhaupt nicht passieren können.

        • @EndZOO Deutschland:

          Inzucht ist Inzucht??? Basta????

           

          Da scheint keine andere Interpretation nicht möglich zu sein. Fakten scheinen keine Rolle zu spielen.

           

          Ja, die Zoos sprechen stets von Inzuchtvermeidung und stellen Sie sich vor, man vermeidet tatsächlich Inzucht.

           

          Aber es kann nicht sein, was nicht sein darf.