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BiokraftstoffeBiosprit bekommt Ökozertifikat

Die ersten Zertifikate für nachhaltig produzierte Biokraftstoffe kommen auf den Markt. Umweltschützerin warnt vor Schmalspursiegel. Denn auch die Agrarindustrie entwickelt ein Label.

Künftig können die Hersteller von Raps-, Palm- oder Sojaöl ihr Produkt vom ISCC mit Sitz in Köln zertifizieren lassen. Bild: dpa

BERLIN taz | Das erste Zertifizierungssystem für Biokraftstoffe hat seine Arbeit aufgenommen. Künftig können die Hersteller von Raps-, Palm- oder Sojaöl ihr Produkt vom ISCC mit Sitz in Köln zertifizieren lassen. ISCC steht für International Sustainability and Carbon Certification und ist das erste System, das - bislang vorläufig - von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) anerkannt worden ist.

Ab 1. Juli dieses Jahres dürfen Mineralölkonzerne nur noch solche Pflanzenkraftstoffe in die gesetzlich vorgeschriebenen Quotenmengen aufnehmen, die bestimmten Nachhaltigkeitskriterien entsprechen. So müssen die Kraftstoffe 35 Prozent Treibhausgase einsparen, und die Rohstoffe dafür dürfen weder aus Flächen stammen, die als Kohlenstoffsenke gelten, noch über einen besonderen Artenreichtum verfügen. Außerdem muss ihr Anbau den Vorschriften des sogenannten Cross-Compliance genügen, die Umweltstandards durchsetzen. Hintergrund ist die Erneuerbare-Energien-Richtlinie der Europäischen Union, die ab Anfang 2011 alle Mitgliedstaaten umgesetzt haben müssen.

Unterdessen kündigten am Freitag zahlreiche Verbände und Unternehmen aus Landwirtschaft und Kraftstoffindustrie an, ebenfalls ein Zertifizierungssystem bei der BLE anzumelden, das REDcert. Dahinter stehen unter anderem der Deutsche Bauernverband, die Union zur Förderung von Energiepflanzen (Ufop), der Mineralölwirtschaftsverband und der Biokraftstoffverband. Ihr System soll bis Juli arbeiten können. Schon bevor die künftigen Konkurrenten ihre Arbeit aufgenommen haben, gibt es Streit.

Martina Fleckenstein von der Umweltstiftung WWF befürchtet, das System der Landwirtschaftsindustrie würde zu einem Schmalspursiegel führen. Dort würden nur die Mindestanforderungen der Richtlinie umgesetzt, soziale Kriterien entfielen. "Das ISCC-Biomasse-Zertifizierungssystem berücksichtigt aber auch soziale und Umweltbelange, was für glaubwürdige und global anwendbare Systeme entscheidend ist", sagt Fleckenstein, die im Vorstand des Dachvereins des ISCC sitzt.

Die Industrie warnt unterdessen, eine Nachhaltigkeitszertifizierung sei bis Juli kaum umsetzbar. Allein 2000 landwirtschaftliche Betriebe müssten überprüft werden, in der nachfolgenden Verarbeitungsstufe seien es noch 560 Betriebe, sagt Dieter Bockey vom Ufop. "Es muss reichen, dass sich die Unternehmen bei einem Zertifizierer angemeldet und damit Handlungsbereitschaft signalisiert haben", sagt Bockey. Es werde eine Herausforderung, für den Start eine ausreichende Menge an zertifiziertem Rapsöl zur Verfügung zu stellen, sagt Andreas Schütte von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR). Zertifiziertes Palm- und Sojaöl gebe es aber in ausreichenden Mengen.

Bis Redaktionsschluss konnte das federführende Umweltministerium keine Auskunft darüber geben, ob es den Forderungen der Landwirtschafts- und Kraftstoffverbände nach einer zeitlichen Verzögerung nachkommen wird.

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5 Kommentare

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  • DS
    Dr. SPock

    Der Agrospritboom hat sicherlich zur Steigerung der Lebensmittelpreise beigetragen - trägt aber nicht die alleinige Verantwortung. Viel größere Schuld tragen diejenigen die schon seit Jahrzehnten mit den Getreidepreisen etc. spekulieren und riesige Mengen zurückhalten. Palmöl ist für die Biospritproduktion eigentlich kein bedeutender Rohstoff, dafür sind viele Eigenschaften unzureichend z.B. Kaltfließeigenschaften. Palmöl wird aber massiv in Lebensmittel und Chemieindustrie eingesetzt.

  • KS
    Klaus Schenck

    Seit Jahren führen Bundesregierung und Europäische Union die BürgerInnen über die katastrophalen Folgen des von ihnen ausgelösten weltweiten Agrospritbooms für Mensch, Umwelt und Klima hinters Licht.

     

    Mit angeblichen "Ökozertifikaten" wie ISCC erfolgt nun ein weiterer Griff in die Trickkiste. Bereits jetzt gibt es mehrere Tausend "Siegel" weltweit, ohne das sich an den Verhältnissen etwas geändert hat.

     

    Die industriellen Monokulturen mit Ölpalmen, Soja und Zuckerrohr werden dadurch nicht "grüner", weil man ihnen ein "Siegel" aufdrückt. An den dramatischen Konsequenzen wie mehr Hunger im globalen Süden, stark gestiegene Nahrungsmittelkosten, Landraub, Regenwaldrodung, Wasservergeudung, Klimaanheizung usw. ändert dies nichts.

     

    Frau Merkel, Herr Barroso: Bitte stoppen Sie den Agrospritwahn. Mehr unter www.regenwald.org

  • V
    vantast

    Hat sich noch nicht herumgesprochen, daß auch Biosprit ein Desaster ist? Lebensmittel in den Tank! Wahnsinn.

    Das Kind im Manne will unbedingt ein Auto haben...

  • E
    eva

    zertifiziertes PALMÖL -?! Vom Round Table der Palmölhersteller, die sich selbst dergestalt ein Öko-Mäntelchen umhängen, hinter dem sie ungestört weiter die letzten Urwälder Indonesiens, Malaysias und Südamerikas roden - und ihre Monokultur-Plantagen als nachhaltig hinstellen!

    Dafür verschwinden Urwaldriesen, unbekannte Pflanzen- und Tierarten, die letzten Orang-Utans Indonesiens werden ausgerottet und Menschen verlieren ihre traditionellen Lebensgrundlagen. Aber die Konzerne verdienen Millionen mit ihrem Palmöl, und wenn sie Glück haben, kaufen wir ihnen ihre Lügen gutwillig ab! "Bio"-Sprit ist der falsche Weg!

  • V
    v.b.

    Erdöl besteht doch auch aus Pflanzenmaterial? Oder seh ich da was falsch.