Biodiesel aus Schlachtabfällen: Totes Tier im Tank
Die Zukunft des Biokraftstoffs könnte Kartoffelschalen, Schlachtabfällen und Fritierflüssigkeit gehören. Altes Fett soll aus China impotiert werden.
BERLIN taz | Mais, Raps, Weizen, Zuckerrüben – aus all diesen Pflanzen werden Biokraftstoffe hergestellt. Nun wird nach den Plänen der EU-Kommission ein weiterer Ausgangsstoff verstärkt dazukommen: Abfälle. Die sollen dafür sorgen, dass weniger frisches Getreide im Tank landet.
Aus den pflanzlichen Rohstoffen entsteht entweder Biodiesel oder Bioethanol. Biodiesel wird dem konventionellen Diesel, das Ethanol dem Benzin beigemischt. Biodiesel stammt aus ölhaltigen Pflanzen, wie etwa dem Fruchtfleisch der Ölpalme, in Deutschland ist überwiegend Raps die Basis. Dessen Samen werden gepresst, das daraus gewonnene Öl wird durch Erhitzen und Zugabe von Methanol und einem Katalysator chemisch in Rohdiesel umgewandelt, als Nebenprodukt entsteht Glyzerin.
Bei der Produktion von Bioethanol sind zucker- oder stärkehaltige Pflanzen wie Mais die Grundlage. Der aus den Pflanzen gewonnene Saft oder die aus dem Getreide gewonnene Maische gärt, und bei diesem Prozess entsteht Ethanol, das noch destilliert und chemisch gereinigt wird. „Beim Raps werden rund 40 Prozent der Samen zu Biodiesel verarbeitet, der Rest ist Futtermittel“, erklärt Frank Brühning vom Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie.
Doch danach, dass der Inhalt des heimischen Biomülls künftig im Tank landet, sieht es derzeit nicht aus. Denn die stärkehaltigen Produkte, wie etwa Kartoffelschalen, würden zwar theoretisch für die Herstellung von Bioethanol taugen, „aber im Ethanolbereich gibt es noch kein entsprechendes Verfahren“, sagt Robert Figgener.
Speisefette und Schlachtabfälle
Figgener, Geschäftsführer des Unternehmens Ecomotion, das Biodiesel produziert, sagt, dass sich gebrauchte Frittierfette aus der Gastronomie, alte Speisefette sowie Schlachtabfälle sich zu Biodiesel verarbeiten lassen könnten. Dabei entspreche das Verfahren weitgehend der normalen Herstellung von Biodiesel.
Die Fette erhält das Unternehmen laut Figgener vor allem aus Europa – gerade Frittierfette würden aber auch per Schiff aus den Vereinigten Arabischen Emiraten angeliefert. Verbandsvertreter Brühning sieht den Vorstoß der EU-Kommission daher kritisch: „Europa ist derzeit die Senke für Altspeisefette.“ Sogar aus China seien Anfragen nach Verwertung alter Speisefette in Europa gekommen.
Brühning glaubt, wenn eines Tages ein Verfahren entwickelt wird, um beispielsweise aus Kartoffelschalen Bioethanol zu machen, werde das Gleiche mit Lebensmittelabfällen passieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Fall Mouhamed Dramé
Psychische Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe