: Billiger und besser
■ Sozialpolitiker wollen Millionen durch ambulante Versorgung sparen
SozialpolitikerInnen von CDU und SPD haben sich bei den Koalitionsverhandlungen darauf verständigt, Betten für chronisch Kranke abzubauen. Die Patienten sollen verstärkt ambulant versorgt werden. Dies entspreche sowohl dem Wunsch der Patienten, in ihre Wohnung zurückzukehren, als auch dem Interesse des Landes, Geld einzusparen, erklärten gestern die Kreuzberger Sozialstadträtin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) und die CDU-Sozialexpertin Christa-Maria Blankenburg.
Die Zahl der Betten, die abgebaut werden sollen, sei nicht festgelegt worden. Dies prüfe derzeit die Senatsverwaltung für Soziales. Fest steht, daß sich auf diese Weise „zig Millionen“ (Junge-Reyer) sparen lassen. Allerdings wird der Großteil der Einsparungen erst ab 1998 wirksam werden.
Auch bei der Unterbringung von Obdachlosen sieht Junge-Reyer Möglichkeiten, kostengünstiger zu wirtschaften. Durch stärkere Kontrolle der sogenannten Läusepensionen und Versorgung von Obdachlosen mit Wohnraum aus dem „geschützten Marktsegment“ habe sie in Kreuzberg im vergangenen Jahr drei Millionen Mark sparen können.
Keine Einsparungen soll es nach dem Willen der SozialpolitikerInnen, beim Telebus für Behinderte und der Bekleidungspauschale für Sozialhilfeempfänger geben. Finanzsenator Pieroth hatte u. a. vorgeschlagen, die Kleiderpauschale um fünfzig Mark zu kürzen. Einig sind sich die SozialpolitikerInnen auch darin, daß das Berliner Pflegegeld erhalten bleiben soll. Finanzsenator Pieroth hatte sich für eine Streichung ausgesprochen. Dies wäre aber auch deshalb kurzsichtig, weil viele Bezieher des Pflegegeldes dann in die Sozialhilfe abrutschen würden, so Junge-Reyer. Auch die Selbsthilfegruppen und Projekte sollen unangetastet bleiben. Hier hat sich auch Pieroth mit Kürzungsvorschlägen zurückgehalten.
Dissens gibt es aber noch über das künftige Abstimmungsverhalten im Bundesrat. Die SPD wollte eine Ablehnung von mehreren Bonner Gesetzesänderungen festklopfen. Die CDU will sich aber noch nicht festlegen. Der strittige Punkt wird nun die große Koalitionsrunde beschäftigen. win
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen