Billigairport Frankfurt-Hahn: Ryanair droht wegzufliegen
Die Betreiber des Flughafens Hahn will von Passagieren eine Gebühr von 3 Euro verlangen. Ryanair erwägt, den Standort aufzugeben. Für den Airport wäre das wohl das Aus.
![](https://taz.de/picture/365731/14/FlughafenHahn.jpg)
Das wichtigste Konversionsprojekt des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD), der Regionalflughafen Hahn im Hunsrück, steht möglicherweise vor dem Aus. Auf einer Pressekonferenz am Dienstag in Frankfurt wird die irische Billigfluglinie Ryanair nach Informationen der taz den Abzug von sechs seiner insgesamt elf in Hahn stationierten Maschinen und die Einstellung mehrerer Fluglinien verkünden.
Da ansonsten nur noch eine osteuropäische Line mit zwei Passagierflugzeugen den in den letzten Jahren rasant gewachsenen kleinen Airport regelmäßig bedient und der Frachtumschlag etwa von Air France allein die Betriebskosten nicht deckt, wird der Mehrheitsaktionär, die Frankfurter Flughafenbetreibergesellschaft Fraport AG, den Betrieb wohl einstellen müssen.
Schließlich wirft Hahn schon ohne den avisierten Teilrückzug von Ryanair keine Gewinne ab. Das Lokalblatt Cochemer Woche vermeldete am Sonnabend, dass Ryanair sogar den Komplettrückzug aus Hahn plane, sollte die Flughafen Frankfurt-Hahn AG, deren weitere Anteilseigner die Bundesländer Rheinland-Pfalz und Hessen zu je 17,5 Prozent sind, im Streit um den sogenannten Hahn-Taler nicht nachgeben. Diese Gebühr von 3 Euro - Hahn-Geschäftsführer Uwe Klettenheimer nennt ihn Zukunftsbeitrag - will die Betreibergesellschaft demnächst von jedem abfliegenden Passagier erheben. "Wir wollen die Erfolgsgeschichte des Airports weiter schreiben; deshalb müssen wir den Flughafen jetzt wetterfest machen und in die Gewinnzone bringen", sagte Klettenheimer bei der Vorstellung des "Hahn-Talers" Ende Dezember. Dass die Reaktion von Ryanair auf die avisierte "Terminalbetretungsgebühr" (Ryanair), die an einem Automaten gezahlt werden soll, so heftig wie jetzt bekannt geworden ausfallen würde, dachte Klettenheimer da noch nicht. Der Kassenbon über die Zahlung des Hahn-Talers sollte die Passagiere nämlich dazu berechtigen, in den Geschäften auf dem Hahn mit einem Rabatt von 10 Prozent einzukaufen. Der Hahn-Taler wäre also zugleich Zahlungsmittel und kein verlorenes Geld.
Dass Ryanair jetzt mit dem Teil- oder gar dem Komplettabzug seiner Flotte vom Flughafen droht, zeigt, wie knapp die Iren ihre Preise kalkulieren und wie hart der Konkurrenzkampf unter den Billigfliegern ist. Schon Mitte 2008 prophezeite Ryanair-Boss OLeary, dass es Ende 2010 nur noch vier große Vereinigungen von Airlines geben werde: Die Lufthansa-Gruppe, die Air-France-Gruppe, die BA-Gruppe und eben Ryanair; alle anderen Fluggesellschaften würden von den großen vier geschluckt oder verdrängt. Inwieweit die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise und ihre Auswirkungen auf den Luftverkehr Grund für die Rückzugsankündigung von Ryanair sind, wird wohl erst am Dienstag auf der Pressekonferenz mit Ryanair-Vize Michael Cawley zu klären sein. Fest steht: Ein Rückzug wäre für die Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH existenzbedrohend. Vor Dienstag verweigert Ryanair jede Stellungnahme; die Rede ist nur von "signifikanten Ankündigungen für den Hahn".
Bereits im 1. Halbjahr 2008 sank die Passagierzahl um 5,8 Prozent, die hohen Kerosinpreise machten auch Ryanair zu schaffen; diverse Verbindungen wurden temporär gestrichen. Noch vor der Pressekonferenz findet auf dem Flughafen Hahn eine Mitarbeiterversammlung von Ryanair statt. Die Billigfluglinie beförderte 2008 von Hahn rund 4 Millionen Passagiere; das waren dort 95 Prozent aller Luftreisenden. Kaum ein Flughafen in Deutschland ist abhängiger von einer einzigen Airline.
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