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Bilfinger-Chef Koch gehtRolands rascher Rücktritt

Roland Koch räumt nach gut drei Jahren als Vorstandschef von Bilfinger vorzeitig seinen Posten – der zweite überraschende Abgang innerhalb von vier Jahren.

Und tschüss: Roland Koch zeigt jetzt woanders hin. Bild: dpa

FRANKFURT rtr | Bilfinger-Chef Roland Koch tritt wegen eines Streits über die Zukunft des Mannheimer Bau- und Dienstleistungskonzerns überraschend zurück. Der ehemalige hessische Ministerpräsident erklärte am Montag nach Börsenschluss, wesentliche Teile des Aufsichtsrats und er stimmten bei weiteren notwendigen Schritten des Konzerns nicht ausreichend überein. Zudem müsse die Gewinnprognose für dieses Jahr zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit gesenkt werden. Das Vertrauen des Kapitalmarktes in das Unternehmen sei erschüttert und müsse durch die einvernehmliche Trennung wieder aufgebaut werden.

Nach Zustimmung des Aufsichtsrats am Donnerstag will Koch am Freitag seinen Posten niederlegen. Der frühere Vorstandsvorsitzende Herbert Bodner soll vorübergehend vom Aufsichtsrat zurück an die Spitze des Vorstands wechseln.

Für Koch ist es der zweite überraschende Abgang innerhalb von vier Jahren. Im Mai 2010 war der CDU-Politiker, dem Ambitionen auf das Amt des Bundeskanzlers nachgesagt wurden, von seinem Amt als Ministerpräsident zurückgetreten. Ein Jahr später wechselte er zu Bilfinger.

Als Vorstandschef setzte sich der Quereinsteiger ehrgeizige Ziele, die jetzt in noch weitere Ferne rückten: Nach der zweiten Gewinnwarnung innerhalb weniger Wochen rechnet der Vorstand demnach in diesem Jahr mit einem bereinigten Konzernergebnis von 205 bis 220 Millionen Euro, 25 Millionen Euro weniger als zuletzt. Zu seinem Antritt hatte sich Koch für 2016 ein Ergebnis von 400 Millionen Euro vorgenommen. Der Jahresumsatz soll nun mit 7,8 Milliarden Euro um 100 Millionen Euro niedriger ausfallen als vor einem Monat angekündigt.

Aufsichtsrat kündigt für Dienstag Stellungnahme an

Die trüberen Aussichten hatte Koch im Juli mit der Energiewende erklärt, durch die der Kraftwerksbau lahme. Deshalb fehlten dem Ingenieurdienstleister Großaufträge. Die erneute Korrektur der Jahresprognose liege unter anderem an dem unerwarteten Verlust eines Projekts in Südafrika. Entscheidend dürfte aber die Diskussion über den künftigen Weg des Unternehmens sein. Bilfinger entfernt sich immer weiter von seinem angestammten Baugeschäft und setzt stärker auf technische Dienstleistungen wie den Entwurf und die Wartung von Kraftwerken und Industrieanlagen.

Der Aufsichtsratsvorsitzende Bernhard Walter erklärte, diese Strategie habe Koch mit geschlossener Zustimmung des Gremiums umgesetzt. „An diesen Entscheidungen wird festgehalten“, ergänzte Walter, der am Dienstag zum Ausscheiden Kochs Stellung nehmen will. Zu dem von Koch angesprochenen Dissens äußerten sich weder Walter noch das Unternehmen.

Wegen der schlechteren Auftragslage in der Kraftwerkssparte hatte Koch den Abbau von 200 bis 300 Stellen angekündigt, nachdem mit einem früheren Sparprogramm bereits 1250 Arbeitsplätze in der Verwaltung auf die Streichliste gesetzt worden waren. Die IG Bau und die IG Metall hatten den Konzernchef für seine Umstrukturierung kritisiert. „Koch hat zu viel auf einmal angepackt und dabei das System so unter Stress gesetzt, dass Fehler passieren“, sagte Holger Timmer, IG-Metall-Vorstand und bis Mai 2014 Bilfinger-Aufseher, dem Magazin Wirtschaftswoche dazu.

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5 Kommentare

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  • Ausgekocht:

     

    Vorstandschef beim Baukonzern Bilfinger, Quotenkiller Koch, schmeißt schon wieder hin

     

    Zur Erinnerung: Nach zwei verlorenen Landtagswahlen war er nur noch der Wählerschreck und gab den Posten des Ministerpräsidenten in Wiesbaden auf.

     

    Amtlich: Bei der Landtagswahl 2009 fuhr die Wählerscheuche Koch folgende Quotenverluste ein

    in Höhe von jeweils

     

    a) erneut Stimmen – MINUS beim Landesergebnis

    / Koch verlor 46 012 Stimmen, obwohl die Zahl der Wahlberechtigten um 4 806 stieg

    Beleg:

    http://www.statistik-hessen.de/subweb/ltw2009/S12.htm

     

    b) Am schlimmsten war die Flucht vor Roland Koch im eigenen Wahlkreis, wo er in der beschaulichen Kurstadt Bad Soden am Taunus sogar weitere 4 % verscheuchte

    Beleg:

    http://www.statistik-hessen.de/subweb/ltw2009/grafik-karte232.htm

     

    Michael Spreng, Politikberater von u.a. Edmund Stoiber :

    „Bei den Landtagswahlen in Hessen bekam er im Jahr 2003 noch über 1,3 Millionen Stimmen. 2008 waren es nur noch rund 1 Million ? ein Minus von 24,3 %.“

     

    Michael Spreng: „Wenn Roland Koch eine Fernsehsendung wäre, dann würde ich mir Sorgen um die Quote machen“

     

    Jetzt hat Ex-Ministerpräsident Roland Koch (CDU) als Vorstandschef beim Baukonzern Bilfinger schon wieder hingeschmissen.

     

    Merke:

    Große Klappe, Dicke Lippe,

    taugt nix für Job mit Axt und Schippe!

  • 4G
    442 (Profil gelöscht)

    Das Scheitern Kochs zeigt doch, dass Politiker für die freie Wirtschaft ungeeignet sind. Börsenspekulanten sollen angeblich auf fallende Kurse bei den börsenorientieren Unternehmen wetten, die Politiker als Vorstände einstellen:

     

    Der ultimative Geldanlage-Tipp

    http://www.polenum.com/politik_energie_umwelt_meinung/der-ultimative-geldanlage-tipp-fallende-kurse-boerse/

    Satire

  • Politiker schwimmen in ihrem Netzwerk und arbeiten wenn überhaupt an kurzfristigen Veränderungen, die sich in vier Jahren zu einem Wahlerfolg ummünzen lassen. Langfristige Prozesse sind für Politiker wie Koch uninteressant, weil sie den nächsten Wahltermin nicht absichern. Mißerfolge können Politiker leicht auf andere anwälzen oder die "Verhältnisse" dafür verantwortlich machen. Regierungschefs ordnen an und werden eingeschmeichelt von den Befehlsempfängern.

     

    Konzernlenker haben mehr zu beachten als das eigene Überleben in der Funktion, haben im Idealfall Visionen. Vor allem aber können sie Mißerfolge nicht so leicht wegmogeln, weil sie knallhart nach dem Zahlenwerk beurteilt werden. Hier sind es nicht vergeßliche Wähler die sie beeindrucken müssen, sondern geldgierige Aktionäre, die keineswegs leicht verzeihen.

     

    Ex-Politiker taugen gut als Lobbyisten weil sie da ihre Kontakte verhökern können. Herr Koch hat sich den Job damals erkauft mit guten Aufträgen aus dem Amt heraus. Danach hat er dilettiert.

     

    Herr Koch wird in relativ jungen Jahren nun ungerechtfertigt viel Geld für einen sorglosen Ruhestand haben. Hoffen wir von ihm nichts mehr zu hören oder zu sehen.

    • @rugero:

      Insbesondere den letzten Satz möchte ich unterstreichen!

  • Zum Glück werden Politiker meist mit Posten belohnt in denen sie nicht viel falsch machen können. Kaffekränzchen mit noch aktiven Politikern die Entscheidungsbefugnis haben zB.. Ab und an blöde Sprüche die in der öffentlichkeit die Systemrelvanz der jeweiligen Aktiengesellschaft belegen könnten sind erlaubt. In der Regel muß der Steuerzahler ausgemusterte Politiker über Staatsaufträge weiter alimentieren.

    Herr Koch, der für die CDU das ZDF unterwandert hat, zeigt dass ein großes Maul nicht überall für Erfolg steht.