Bildung: Allein gegen die Gemeinschaftsschule
Die B.-Traven-Oberschule in Spandau hat sich als Gemeinschaftsschule beworben. Doch der zuständige Schulstadtrat Gerhard Hanke (CDU) sagt: Nein. Er werde dafür keine Gebäude genehmigen.
Nun schlägt die Stunde der einsamen Gegner: In der kommenden Woche will Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) verkünden, welche Schulen im nächsten Schuljahr Gemeinschaftsschule werden können. Die B.-Traven-Gesamtschule aus Spandau möchte eine davon sein. Doch nicht, wenn es nach CDU-Schulstadtrat Gerhard Hanke geht: "Sie kann keine Gemeinschaftsschule werden", sagte er am Donnerstag der taz. Er werde der Schule auf keinen Fall die zusätzlichen Räume genehmigen, die sie braucht, um auch erste bis sechste Klassen aufzunehmen.
So könnte die CDU nun auf Bezirksebene erreichen, was ihr im Abgeordnetenhaus verwehrt bleibt: die Gemeinschaftsschule vorerst blockieren. Von vier Bezirken, in denen die Christdemokraten Schulstadträte stellen, ist derzeit nur noch Spandau mit einem Bewerber für die Gemeinschaftsschule vertreten. In Tempelhof-Schöneberg, Steglitz-Zehlendorf und Reinickendorf gab es zwar Interessenten, doch alle zogen ihre Bewerbungen zurück.
In den neuen Gemeinschaftsschulen sollen alle Kinder von der ersten bis zur zehnten Klassen zusammen unterrichtet werden. Die Aufteilung in Haupt-, Realschüler und Gymnasiasten entfällt ebenso wie das Sitzenbleiben. Der Senat stellt den ausgewählten Schulen bis 2010 insgesamt 22 Millionen Euro zur Verfügung.
Die Gemeinschaftsschule ist ein Kind der Linkspartei, das die SPD per Koalitionsvertrag adoptierte. Die CDU hatte dagegen nie ein Hehl aus ihrer Abneigung gegen die "Einheitsschule" gemacht. In den Reihen der Gemeinschaftsschulfans sagen daher viele hinter vorgehaltener Hand, dass die CDU-Stadträte die Gemeinschaftsschule massiv torpediert.
Solche Vorwürfe weist der Spandauer Stadtrat Hanke weit von sich: "Hier geht es ausschließlich um fachliche Gründe. Ich bin für Vielfalt, aber nicht auf Kosten anderer Schulformen." Die nahe Siegerland-Grundschule würde in ihrer Existenz gefährdet, wenn die B.-Traven-Schule zusätzlich Grundschüler aufnähme. Hanke hatte daher in seiner Stellungnahme an die Bildungsverwaltung klargemacht, dass er dem Projekt nur zustimme, wenn die B.-Traven-Schule eine Partnergrundschule fände. Doch die Siegerland-Schule lehnte ab.
Im Hause von Jürgen Zöllner wähnt man weiterhin, dass in Spandau alles nach Plan läuft. "Nach Abwägung aller positiven und auch der noch problematischen oder offenen Aspekte kommt er [Hanke, die Red.] in dieser Stellungnahme zu einer Befürwortung des Antrages der Schule", schreibt die Verwaltung auf taz-Anfrage. Hanke sieht das anders: "Die Senatsverwaltung muss noch einmal mit uns reden, wenn sie ihr Mondscheinprojekt haben will."
Der Senat ist auf die Mithilfe der Bezirke angewiesen, wenn er Gemeinschaftsschulen einrichten will. Denn die Bezirke sind für die Schulgebäude zuständig. Peter Wisniewski vom Bezirkselternausschuss Spandau geht daher davon aus, dass Hankes Veto die Pläne der B.-Traven-Schule verhindern könnte. Und das, obwohl der Stadtrat vor den Elternvertretern zunächst zugestimmt habe. "Herr Hanke weiß nicht, was er will", ärgert sich Wisniewski. Der CDUler laviere zwischen den Interessen seiner Partei und denen der Eltern.
"Eltern, Lehrer und Schüler haben klar für die Gemeinschaftsschule gestimmt", sagt der Elternvertreter der Schule, Michael Fleischhauer. "Wir versprechen uns davon eine Aufwertung unseres Quartiers." Die Bedenken des CDU-Stadtrats kann er nicht verstehen: Bereits jetzt habe die benachbarte Grundschule so viele Schüler, dass eine Klasse auf dem Gelände der Traven-Schule unterrichtet werden müsse. Auch er ist erstaunt über den Sinneswandel des Stadtrats. "Doch er wird sich damit abfinden müssen, dass wir Gemeinschaftsschule werden."
Die Lehrer der B.-Traven-Schule sind dagegen weniger zuversichtlich: "Wir halten uns lieber bedeckt, bis sich die Streitigkeiten gelegt haben."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!