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Bildung als Pokerspiel

■ Es geht um mehr als nur um die Studiengebühren

In Portugal hat das Wochenblatt Ja kürzlich den guerra das propinas ausgerufen, den „Krieg gegen Studiengebühren“. Die Sache wird dort klar verhandelt: Die Studierenden sind gegen Studiengebühren und zeigen das seit drei Jahren mit Massenaufmärschen. Regierung und Opposition, von den Kommunisten abgesehen, votieren für Studiengebühren. Die Öffentlichkeit weiß Bescheid. Aber wir leben nicht in Portugal. Hierzulande wird das Thema in föderalistischen Portiönchen diskutiert – gründlich und unverständlich.

Die Hochschulrektoren wollen eigentlich Studiengebühren, sind aber aus Prinzip und mit verzwickten Formulierungen dagegen. Die Studentenfunktionäre sind natürlich voll dagegen: Ein Häuflein Unverzagter ruft vor dem Roten Rathaus in Berlin ein stimmloses Nein in den Wind. Die Länder fallen in zwei Lager, die kultusministeriellen Bewahrer des Bildungsbürgertums (nein!) und die kühlen Rechner in den Finanzressorts (Her mit dem Geld!). Jürgen Rüttgers, der irgendwie auch zuständige „Zukunftsminister“, mimt Robin Hood. Studiengebühren seien unsozial, argumentiert er – und langt statt dessen den sozial Schwächsten, den Bafög-Empfängern, mit Zinsen in die klamme Geldbörse. Helmut Kohl endlich, wir ahnen es, sieht dem Treiben in der Hoffnung zu, bald wieder einen dröhnenden „Gipfel“ abhalten zu können. Die Sache ist vertrackt. Nicht mal die Studentin im Tickerdienst der taz kann sich zu einer Antwort durchringen.

In Wahrheit geht es gar nicht um Studiengebühren oder die skandalöse Finanzsituation der Universitäten. Thema ist der Zustand der Bildung in Deutschland. Bildung, so scheint's, ist Bund und Ländern ein alljährliches Pokerspiel wert. Sie feilschen. Egal, ob es um die Hochschuletats geht oder das duale System der Berufsausbildung, das seinen Namen längst an die Müllabfuhr abgetreten hat. Das Land der Bildungsbürger muß sich entscheiden. Ist ihm der „Rohstoff“ Bildung etwas wert? Wenn dem nicht so ist, und der traurige Zustand von Schule, Lehrlingswesen und Uni spricht dafür, muß das endlich auch gesagt werden. Studiengebühren ohne das soziale Rückgrat „Bafög für alle“ wären der Knockout für solche Spinnereien, wie sie Willy Brandt einst mit „Mehr Demokratie wagen“ im Sinn hatte. Christian Füller

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