Bilanz des EU-Gipfels: Banken sicher, Autoindustrie auch
Nach dem zweitägigen Treffen zeigen sich Deutschland und Frankreich optimistisch. Vor allem der Streit um Verbrenner und die Bankenkrise waren Thema.
Die europäischen Banken seien aufgrund starker Liquiditäts- und Kapitalpositionen widerstandsfähig, sagte Lagarde nach einer Aussprache mit den EU-Chefs. Zuvor waren die Deutsche Bank und die Commerzbank an der Börse massiv unter Druck gekommen. Der Bankenindex Stoxx Europe 600 fiel um fünf Prozent – offenbar aus Sorge, die Bankenkrise in den USA und der Schweiz könne auch Europa treffen.
Scholz betonte, dass die Deutsche Bank profitabel und sicher sei. „Es gibt keinen Anlass, sich irgendwelche Gedanken zu machen“, sagte er. Auch zum Streit über das für 2035 geplante Aus für Autos mit Verbrennungsmotoren verteilte Scholz wohlklingende Beruhigungspillen. „Wir werden uns einigen“, versicherte er. Dabei hat die deutsche Blockade die Beratungen in Brüssel überschattet.
Gleich zu Beginn des Spitzentreffens hatte EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola ihrem Unmut Luft gemacht. Die deutsche Blockade, die vor allem auf die FDP zurückgeht, „unterminiert die Glaubwürdigkeit des gesamten legislativen Prozesses auf EU-Ebene“, schrieb sie in einem Brandbrief. Ähnlich äußerte sich Lettlands Premierminister Krisjanis Karins: Berlin gebe ein schlechtes Beispiel.
Macron war sogar so sauer, dass er das direkte Gespräch mit Scholz suchte. Neben dem Verbrenner-Aus wollte er auch über die Rolle der (französischen) Atomkraft beim Klimaschutz sprechen, die in Deutschland immer wieder für Kritik sorgt. Doch nach einem gemeinsamen Frühstück am Freitagmorgen war der Ärger verflogen. „Fröhlich und freundlich“ sei das Treffen gewesen, so Scholz.
Über die französischen Atompläne werde auf Chef-Ebene gar nicht gesprochen, so Scholz, das sei Sache der Experten in der EU-Kommission. Und beim Verbrennerstreit zeichne sich eine schnelle Lösung ab. Details nannte Scholz nicht. Dafür sei EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zuständig, beschied er fragenden Journalisten.
Der Streit um E-Fuels
Von der Leyen bemüht sich seit Tagen um einen Kompromiss mit dem deutschen Verkehrsminister Volker Wissing (FDP). „Es gibt Fortschritte in den Verhandlungen“, erklärte sie am Donnerstagabend. Auch Wissing zeigte sich optimistisch. „Wir haben sehr intensive Gespräche geführt und sind jetzt auch sehr konkret in der Abstimmung“, sagte er in Berlin. Eine Einigung sei in greifbarer Nähe.
Wissing betonte, dass seine Partei zwar die klimaneutrale Mobilität unterstütze, aber das völlige Verbrenner-Verbot nicht mittrage. „Wenn wir jetzt dieser Flottengrenzwert-Regulierung zustimmen, dann muss die Frage geklärt werden, wo und wie kommt das Element der Technologieneutralität und damit auch die weitere Zulassung von Verbrennungsmotoren nach 2035 ins europäische Recht“, sagte Wissing.
Der Kompromiss sieht offenbar vor, dass Neuwagen, die ausschließlich mit synthetischen Kraftstoffen – so genannten E-Fuels – fahren, auch nach 2035 zugelassen werden dürfen. Das fertige EU-Gesetz für das generelle Verbrenner-Verbot soll jedoch nicht neu aufgemacht werden. Stattdessen ist ein „delegierter Rechtsakt“ im Gespräch, den die EU-Kommission allein erlassen kann.
Zum Ende des EU-Gipfels in Brüssel gab es aber noch kein grünes Licht. Offen blieb auch die Frage, ob und wann das 2019 abgeschlossene Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten in Südamerika ratifiziert werden kann. Scholz mahnte zu Eile, Macron steht weiter auf der Bremse.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag