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Archiv-Artikel

Christian Harder im Pudel Big Apple an der Elbe

„See me age 19 with some dumb haircut from 1960 moving to New York City“, heißt es im tollen Song „We‘ve been had“ von den Retro-Indie-Rockern The Walkmen. Großzügig darüber hinweggesehen, dass sein Big Apple an der Elbe liegt, könnte es sich bei Christian Harder ähnlich abgespielt haben. 1999 verließ er seine Heimat in Westfalen, und gerne gibt der höchstens 26-Jährige zu Protokoll, „ja ein alter Hippie“ zu sein. „Man sieht mir das vielleicht nicht an, aber in den 60ern war ich ganz groß dabei.“ Vielleicht entspringen diese O-Töne aber auch einem delirierenden Musikjournalistenhirn, wer weiß.

In der Hansestadt geriet Harder umgehend in die – zwischenzeitlich in Reiseführern zum „Szene-Treff“ und wieder zurück gehypte – Hafenkaschemme namens Pudel Klub. Dort begann auch sein, so wird es sich einst in Harders autorisierter Biographie lesen, kometenhafter Aufstieg zum souveränen Bediener durchaus verschiedener Dancefloor-Bedürfnisse. So versorgte er als „Kandisquer“ per MP3-Download die interessierte Welt mit abwechslungsreichen Minderheiten-Elektronika, die manchen Hörer an die Arbeiten Turners denken ließen.

Am Ruhm über sympathische Nischen hinaus durfte Harder mit „This Feeling“ schnuppern – indes auch wenig mehr als das. Unter dem Alias Hypnotoad Ende 2002 zuerst veröffentlicht, erschien „This Feeling“ danach wiederholt auf immer größeren Labels, und aus dem anfänglichen Pseudonym wurde Kid Q. (oder auch Kid Quesran).

Zum mittleren Aufreger in Teilen der Technogemeinde wurde die Geschichte, als die Stadion-Techno-Schweinerocker Scooter das zentrale „This Feeling“-Sample, ein Schnippsel aus einem Stück der Holländischen Rockband Earth & Fire, nahmen und daraus kurzerhand einen gewohnt niedrigschwelligen Track bauten, den sie unter dem Titel „Weekend“ veröffentlichten. Müßig zu fragen, wer nennenswerte Kontobewegungen registrieren konnte (und wer nicht).

Die genannten Teenie-Stars werden kaum auftauchen, wenn Harder nun, ein tolles Elektropopalbum unter bürgerlichem Namen im Rücken, in den modrigen Schuppen am Hafen zurückkehrt. Allen anderen sei dieser Feiertagsausklangtermin mit sperriger Tanzmusik und die Hüften entkrampfendem Experimentalsound wärmstens empfohlen. Alexander Diehl

mit DJs Raf und Superdefekt: 2. Weihnachtsfeiertag, 22 Uhr, Golden Pudel Krippe