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Bier statt Bewegung

■ Minigolfplatz im Stadtpark wird nächste Woche plattgemacht, damit „Down Town Musikclub“ einen Biergarten eröffnen kann Von Ulrike Winkelmann

Spätestens Ostern habe die Minigolf-Saison im Stadtpark immer begonnen, erzählt Werner Ahlers. Dann werden die etwas angemoosten Bahnen vom Laub des vergangenen Jahres befreit und die Gartenstühle abgewischt; die Rentner rüsten sich für einen weiteren Minigolf-Sommer hinter dem Landhaus Walter.

„Als mein Sohn vierzehn war“, rechnet Ahlers vor, habe er mit ihm dort schon gespielt. Demnach gebe es diesen Minigolfplatz schon seit mindestens dreißig Jahren. „Und so lange spiele ich auch schon dort, und viele andere mit mir, und Kinder feiern dort ihre Geburtstage. Der Platz ist ja so einmalig schön gelegen.“

Doch der Rentner- und Kindertraum vom lauschigen Kugelkullern ist nun vorbei. Anfang kommender Woche wird der Minigolfplatz plattgemacht. Seit Januar hat der „Down Town Musikclub“ das Landhaus mit dem 8000 Quadratmeter großen Gelände ringsherum gepachtet und wird dort zum Mai Hamburgs größten Biergarten eröffnen.

Dem alten Pächter hatte die Down Town-Crew um Uwe Mamminga das reichlich trutschig-heruntergekommene Landhaus unter der Bedingung abgenommen, daß dieser seinen Unterpächtern vom Minigolfplatz kündige. Und so trudelte Ende Januar beim Minigolfplatz-Betreiber Fritz Monien das Kündigungsschreiben ein. Monien hatte die Minigolfanlage erst 1994 übernommen, nachdem „sein“ Minigolfplatz in Planten un Blomen durch einen Rosengarten ersetzt worden war. Moniens Erbitterung ist groß, schließlich war er mit hochfliegenden Plänen in den Stadtpark umgezogen. „Wir wollten das alles noch schicker machen, erst letztes Jahr haben wir neue Sonnenschirme und Tische angeschafft. Das war jetzt alles überflüssig.“

„Wir wollen nicht drei alte Herren glücklich machen, sondern 800 Biergarten-Gäste“, großkotzt Mamminga vom Musikclub. Alle Behörden seien von seinen Plänen begeistert gewesen. „Der Garten wird eine Hamburger Attraktion!“ Im übrigen habe er keine Zeit für solcherlei Interessenskonflikte – „ich bin Geschäftsmann“ –, und die da maulen, sollten sich klarmachen, daß der Biergarten auf dem Gelände eine ältere Tradition habe als eine Minigolfanlage.

„Historisch gesehen war da mal ein Biergarten“, bestätigt Egbert Willing vom Gartenbauamt im Bezirk Nord. Fritz Schumachers gartenarchitektonisches Stadtpark-Konzept habe vorgesehen, „die Räume zeitgemäß auszufüllen“. Minigolf, meint Willing, „ist eher eine Modeerscheinung der Sechziger und Siebziger“.

Tradition hin, Zeitgeist her, das Minigolf-Team um Werner Ahlers ist bekümmert. Unter Zuhilfenahme moderner Techniken wurde ein Flugblatt entworfen – „AUS für Minigolf?“ – und an Lampenpfosten und Bäume im Stadtpark gepinnt. „Warum so klotzig und gedankenlos?“, fragen die Golfer den Down Town-Musikclub, die Behörden und die Stadtpark-BesucherInnen. „Bei behutsamerer Planung würden sich Minigolf und swingender Biergarten durchaus vertragen.“

Aber nun wird Ahlers zur Minigolf-Anlage in Hamm ausweichen müssen. Ob er das mit seinen 83 Jahren macht, weiß er jetzt noch nicht.

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