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Bezirk streikt bei der Oberbaumbrücke

■ Verkehrsverwaltung plant ohne Straßenbahn / Bezirk Kreuzberg will nun den Straßenausbau nicht mehr finanzieren

Um die Oberbaumbrücke, über die ab Oktober der Autoverkehr zwischen Kreuzberg und Friedrichshain rollen soll, tobt ein neuer Streit. Der Bezirk Kreuzberg will die Straßen auf seiner Seite nicht nachteilig für Fußgänger und Radfahrer gestalten und ist aus den Planungen sowie der Millionen Mark teuren Finanzierung ausgestiegen. Baustadträtin Erika Romberg (Bündnis 90/Grüne) begründete gestern gegenüber der taz diesen Schritt damit, daß die Verkehrsverwaltung die Straßenbahn aus Friedrichshain offenbar nicht mehr nach Kreuzberg verlängern will – die Vorstellungen des Bezirks seien gekippt worden.

Bezirksbürgermeister Peter Strieder (SPD) meinte, daß „alle Umbaumaßnahmen“ auf Kreuzberger Seite inzwischen nur noch den Autoverkehr beschleunigen sollten. In der Oberbaumstraße und an der Kreuzung Köpenicker/ Schlesische Straße wolle die Verkehrsverwaltung die Fahrbahnen verbreitern, Bürgersteige verengen und Radwege abschaffen. Die Kosten für den Umbau der Straßen, die erst vor fünf Jahren renoviert worden seien, beliefen sich auf drei bis fünf Millionen Mark. „Die Bauverwaltung soll diese Arbeiten allein ausführen“, sagte der Bürgermeister. Angesichts der schlechten Haushaltslage „werden wir weder die politische noch die finanzielle Verantwortung“ tragen. Die Brücke ist Teil des von der Großen Koalition geplanten inneren Stadtrings. Ihre Eröffnung soll gemeinsam mit dem geplanten Autotunnel unter dem Tiergarten und einem Lückenschluß an der Invalidenstraße (Mitte) den Straßenring vervollständigen.

Die Entscheidung, die der Bauausschuß des Bezirks auf Antrag der SPD und der Grünen getroffen hat, kann die beiden Senatsverwaltungen für Bau und Verkehr aber nicht zwingend aufhalten. Da die Bezirke keine Finanzhoheit haben, könne die Hauptverwaltung den Haushaltstitel „Oberbaumbrücke“ des Bezirks sperren und ihren eigenen Etat entsprechend erhöhen, erläuterte Stadträtin Romberg. Das Amt will aber genau diesen Konflikt: „Das wäre in der Stadt eine Diskussion wert“, meinte Strieder, „wofür Berlin sein Geld ausgibt.“ Nach Strieders Ansicht könne die Oberbaumbrücke wie geplant eröffnet werden, ohne daß dafür in Kreuzberg Straßen verbreitert werden müßten.

Der Bezirk will entsprechend eines ursprünglichen Beschlusses der Großen Koalition die Straßenbahn über die Oberbaumbrücke nach Kreuzberg verlängern. Sie sollte in der ersten Realisierungsphase über die Köpenicker-, Eisenbahn-, Wrangel- und Skalitzer Straße zurück zum Schlesischen Tor fahren. Mit dieser Schleife wären eine Schule, eine Post-Filiale und die Deutschen Telefon Werke (DeTeWe) mit der Tram erreichbar. Doch obwohl auch das Abgeordnetenhaus beschlossen hatte, über die Oberbaumbrücke nicht nur den Autoverkehr, sondern auch den Öffentlichen Nahverkehr fahren zu lassen, wurden die Termine für die Straßenbahn und die Verlängerung der U1 zum S-Bahnhof „Warschauer Straße“ in immer weitere Ferne gerückt. Dirk Wildt

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