Bezirk lässt Hunde nicht mehr in Park: Bello, Waldi und Hasso müssen draußen bleiben
In Friedrichshain ist nach fünf Verbotsstellen nun auch die Weberwiese für Hunde tabu. Im Schlachtensee dürfen Hunde nicht mehr baden. Ist Berlin hundefeindlich? Ja, meinen die Tierschützer. Die Bezirke sagen nein.
Berlin ist Deutschlands Hauptstadt der Hunde. Ist Berlin deshalb auch hundelieb? Nein, fürchtet der Tierschutzverein und rüstet sich mit einer Unterschriftenaktion gegen die Berliner Hundepolitik. Auslöser für den Ärger ist eine Neuregelung des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg, nach der Hundehalter ihre Tiere von den Grünflächen am U-Bahnhof Weberwiese fernhalten müssen.
Klingt nach Provinzposse, nur: Die Weberwiese ist nicht die erste hundefreie Zone im Bezirk. Auch am Traveplatz, Boxhagener Platz, Annemirl-Bauer-Platz, an der Sonntagsstraße und im Volkspark Friedrichshain rund um den Märchenbrunnen und den Bachlauf gilt das Verbot. Zudem drohen den Hundehaltern bei Missachtung jetzt saftige Bußgelder in Höhe von 50 Euro.
Nirgendwo gibt es soviele Hunde wie in Berlin. 110.000 sind in der Hauptstadt registriert - offiziell. Das macht einen Hund auf 33 Einwohner. Rechnet man die 150.000 illegalen Hunde dazu, erhöht sich die Quote entsprechend. Und die Menge an Hundekot ebenfalls.
Die wenigsten Hunde in einer Großstadt kann Stuttgart vorweisen. In der Schwabenhauptstadt tummeln sich knapp 11.000 Vierbeiner. Macht pro Hund 55 Stuttgarter.
Weniger Hunde gibt es auch in den Millionenstädten Hamburg, München und Köln. Dort beträgt die Zahl der Hunde auf Einwohner 1:44, 1:34 und 1: 36.
Und wie sieht es in den Berliner Bezirken aus? Die meisten Köter kläffen nicht im Witwenbezirk Wilmersdorf, sondern mit knapp 11.000 in Reinickendorf. Kreuzberg hat, trotz Punks, nur 2.300 Hunde.
Damit liegt Friedrichshain-Kreuzberg ganz im Trend: Erst Anfang des Jahres ließ der Bezirk Pankow den Kollwitzplatz für Schosshündchen sperren, auch auf dem Schlachthof-Gelände sind die Vierbeiner verboten. Und nun soll auch noch der Schlachtensee hundefrei werden, nachdem eine Belastung des Wassers duch Fäkalkeime festgestellt wurde.
Der Tierschutzverein schreit auf, wittert Hundefeindlichkeit. Jan Stöß, Stadtrat des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg, hält dagegen: "Es geht hier nicht darum, Hunde komplett aus allen Parks zu verbannen, es geht um ein harmonisches Miteinander von Hundebesitzern und Menschen ohne Hund." Genau das habe man zuletzt auf der Weberwiese nicht mehr gewährleistet gesehen. "Es gab dort immer wieder Beschwerden."
Zudem hätten die Hundehalter auf der Weberwiese ihre Tiere häufig ins Wasserbassin springen lassen, sie sogar im Wasser gebürstet. "Die Haare landen dann alle im Teich und verstopfen die Pumpen. Das kostet die Stadt jedes Mal Geld."
Stöß verweist auf neue Auslaufstellen am Gleisdreieck und auf dem Tempelhofer Feld. Hier könnten die Hunde sich ohne Leine austoben.
Für Marcel Gäding, den Geschäftsführer des Tierschutzvereins, ist das zu wenig. "In Berlin gibt es nur 30 offizielle Hundeauslaufgebiete. Das reicht vorne und hinten nicht. Für die Verbote muss ein Ausgleich geschaffen werden."
Die jüngsten Verbote scheinen Gädning außerdem zu kurzfristig gedacht. "Wenn die Hunde nicht mehr in Parks dürfen, erledigen sie ihr Geschäft eben auf der Straße." Daher sollte vielmehr der Kontakt mit den Hundebesitzern gesucht werden, um ihr Verantwortungsbewusstsein zu stärken.
Einen Dialog wünscht sich Gäding auch mit dem Bezirksamt. "Anstatt immer nur Verbote auszusprechen, könnte der Stadtrat doch auch mal an uns herantreten, sich mit uns unterhalten."
Stöß sah dafür bisher keinen Anlass. "Die Aufregung ist überzogen, denn zu den fünf Orten, wo es ein Hundeverbot gibt, ist lediglich einer dazu gekommen." Die Mehrheit der Plätze, vor allem im Volkspark Friedrichshain, bleibe weiterhin offen für Hunde.
Offen sind auch Bezirke wie Charlottenburg-Wilmersorf oder Mitte, wo keine Grünflächen oder Parks für Hunde tabu sind. In den Forstgebieten wie im Grunewald dürfen Hunde teilweise sogar frei laufen, ansonsten gilt Leinenzwang.
Für eine Regelung wie am Kollwitzplatz oder auf der Weberwiese sieht Ordungsamtleiter Joachim Schwartzkopf keinen Anlass. Lediglich gegen Halter, die den Kothaufen ihres Tieres nicht aufheben und entsorgen, werde vorgegangen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!