Bezirk gibt nach: Kudamm nur noch halb so lustig
Der Investor des Kudamm-Karrees muss nur eins von zwei traditionsreichen Boulevardtheatern originalgetreu wieder aufbauen, entscheidet der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf. Architekt wird David Chipperfield.
In dem Drama um den Erhalt oder Abriss der beiden Theaterbühnen am Kurfürstendamm steht offenbar eine Einigung bevor - und damit ein Happyend. Der irische Investor Ballymore Group - Eigentümer des Kudamm-Karrees und des Theaters am Kurfürstendamm sowie der Komödie - und der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf haben "einen entscheidenden Durchbruch" bei ihren Verhandlungen um den Neubau des Häuserblocks sowie der Bühne am Kudamm erzielt, wie Ballymore-Sprecher Armin Huttenlocher am Montag sagte. Zugleich stellte Ballymore den neuen Architekten des Projekts am Montag vor: David Chipperfield aus London, der in Berlin bereits das Neue Museum als Standort für die Büste der Nofretete auf der Museumsinsel wieder aufgebaut hat.
Nach dem jetzigen Kompromiss besteht der Bezirk nicht mehr auf der Erhaltung beider Theater bei einer Neugestaltung des 500 Millionen Euro teuren Projekts. Baustadtrat Klaus-Dieter Gröhler (CDU), der dem Investor den Abriss der denkmalwerten Theater bisher vorenthalten hatte, zeigte sich einverstanden, dass bei einem Neubau des Kudamm-Karrees nur noch eine der Bühnen originalgetreu im ersten Stock des Gebäudes mit 650 Sitzen wieder errichtet werden sollte.
Offen ist zwischen dem Bezirk und dem Investor aber noch, wie dicht die Überbauung auf dem Block zwischen dem Kurfürstendamm, der Knesebeck- und der Lietzenburger Straße werden darf. Hier fordert Ballymore mehr Nutzflächen für Läden, Büros, gastronomische Einrichtungen und ein Hotel.
Der Bezirk will das so nicht genehmigen. Alle Parteien in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) hätten die Lösung mit einem Theater nur für zustimmungsfähig erklärt, wenn "die heutige Baumasse beibehalten" bleibe, so Gröhler. Am Mittwoch berät der Stadtentwicklungsausschuss des Bezirks über diese Frage.
Der Projektentwickler hält auch hier eine Einigung für möglich und begrüßte das Nachgeben des Bezirks. "Wir freuen uns, dass sich der Bezirk bewegt und sich mit der Ein-Theater-Lösung im Obergeschoss einverstanden erklärt hat", so Huttenlocher. Damit sei die "größte Hürde" überwunden. Zudem bedeute dies ein Signal, den Theaterstandort am Kudamm zu erhalten.
Der Umbau des Kudamm-Karrees soll nach den bisherigen Planungen von Ballymore Group im Jahr 2013/14 abgeschlossen sein. Noch in der vergangenen Woche hatte der Investor gedroht, sich aus Berlin zurückzuziehen, sollte das Bezirksamt keine Baugenehmigung erteilen. Damit wäre die Zukunft der beiden letzten traditionsreichen Bühnen in der City West wieder offen gewesen. Seit dem Verkauf 2003 an diverse Investoren bespielt Intendant Martin Woelffer beide Theater ohne gültigen Mietvertrag und wurde mehrfach gekündigt. Ballymore hat dem Haus eine Duldung und Mietfreiheit gegeben.
Mit der Verpflichtung von Chipperfield, sagte Ballymore-Chef John Mulryan, wolle die Gruppe erreichen, dass am Kudamm wieder ein "architektonisches Highlight entsteht". Über die Fläche des umgebauten Karrees gebe es zwar noch keine Entscheidung, es sei aber klar: "Es wird keine weitere Shopping Mall sein", so Huttenlocher. Chipperfield habe die Aufgabe, den Block, seine Fassaden, das 20-stöckige Hochhaus und das Theater umzuplanen.
"Der Umbau des Kudamm-Karrees ist für die Zukunft des Kudamms entscheidend", sagte Chipperfield am Montag. Das Gebäude müsse mit einer durchlässigeren Gestaltung attraktiver werden. "Wir müssen die Besucher in das Gebäude holen, ohne dabei an städtebaulicher Qualität einzubüßen."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!