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Archiv-Artikel

Beziehungsmanagement

Vom geordneten Austausch emotionaler Interessen: Die Schriftstellerin Doja Hacker widmet sich in ihrem neuen Roman „Bin ich böse“ einer Dreiecksgeschichte

Eine Dreiecksgeschichte, sagte mir die Freundin, die mich auf das Buch hinwies. Es klang nach wilden Bettszenen.

Eine gibt es zwar – doch geht es in „Bin ich böse“, dem neuen Roman von Doja Hacker, im Grunde genommen gesittet zu. Der ordentliche Kaufmann Heinrich fände es praktisch, wenn die Geborgenheit in der Ehe und die abenteuerliche Aufregung in der Affäre sich ohne ständige Lügen und schlechtes Gewissen vereinbaren ließen. Also versucht er, die Gefühle seiner langjährigen Ehefrau und seiner frischen Geliebten genau wie seine Geschäfte zu managen – und scheitert damit bereits im ersten Kapitel dramatisch. Die Stimmung wird im Laufe der Geschichte immer beklemmender, und am Ende schlägt die Ehefrau ein noch kühleres Beziehungskalkül vor – Ironie des Schicksals.

Gut so, dachte ich mir beim Lesen. Es soll allen Männern eine Lehre sein, die sich vorstellen, dass sie mit den Gefühlen und den Körpern der Frauen ungestraft spielen können. Tatsächlich löst die Autorin sich vom Klischee der unglücklich betrogenen Hausfrau und verwandelt sie in eine selbstbewusste Geschäftsfrau, die ihr berufliches Leben erfolgreich anpackt. Und auch Marie, die Geliebte, wartet nicht länger darauf, dass Heinrich sie endlich einmal anruft und Zeit für sie hat …

Doja Hacker geht jedoch weit über eine Polarisierung der Geschlechter hinaus. Subtil demontiert sie die Vorstellung, dass Liebesbeziehungen aus einer rechnerischen Aufstellung von Vor- und Nachteilen, von manipulativem Geben und Nehmen bestehen können. Eine offene, außereheliche Liaison funktioniert auf Dauer eben nicht, weil sie zu viele unbeherrschbare Emotionen freisetzt.

Der Roman hinterlässt beim Leser das Gefühl, die intime Rechnerei der Figuren viel zu gut zu kennen, als dass man sie ihnen vorwerfen könnte. Am sympathischsten wirkt auf jeden Fall die Geliebte und Künstlerin Marie, die trotzig in die „gut funktionierende“ Ehe von Heinrich und Hanna einbricht und so die Lügen eines Lebens mit Kindern, Auto und Eigenheim entlarvt, in dem alles in Ordnung zu sein scheint.

Doja Hacker beschreibt den Übergang von dieser scheinbaren Ordnung in eine chaotische Welt. Erst auf den allerletzten Seiten fängt Heinrich ein zweites Leben an, indem er seine materiellen sowie emotionalen Sicherheiten aufgibt. Beim ersten Blick ist er der Verlierer, der in einer kaputten Gartenhütte landet. Beim zweiten Blick könnte er aber für sich eine neue Tür geöffnet haben. Seine Frau dagegen bleibt dem geordneten Austausch ihrer emotionalen Interessen verhaftet. Ein wirkliches Happyend gibt es nicht.

GENEVIÈVE HESSE

Doja Hacker: „Bin ich böse“. Piper, München 2002, 208 S., 16,90 €