Beziehung USA und Mexiko: Vorbereiten auf Trump
Trump hat Massenabschiebungen und Strafzölle für Mexiko angekündigt. Dort versucht die Regierung, sich so gut es geht darauf einzustellen.
Das wird schwierig. Mexikos Wirtschaft hängt unmittelbar von den USA ab. Über 83 Prozent der Exporte gehen in das Nachbarland, zugleich sind die Überweisungen der in den Norden migrierten Mexikaner*innen einer der wichtigsten Devisenbringer. Zahlreiche Familien leben von den Geldern ihrer ausgewanderten Angehörigen, von denen fünf Millionen zwar in den USA Steuern zahlen, aber keine Aufenthaltspapiere besitzen. Um sie vor Abschiebungen zu schützen, hat die Regierung jetzt 329 weitere Mitarbeiter*innen in ihre Konsulate geschickt und Nottelefone eingerichtet.
An der Grenze sollen 25 Herbergen entstehen, um Mexikaner*innen unterzubringen, die unmittelbar nach Trumps Amtsübernahme abgeschoben werden könnten. Man werde die eigenen Leute wieder aufnehmen, aber die anderen müssten die US-Behörden selbst in ihre Heimat abschieben, reagierte Sheinbaum auf Trumps Vorhaben, massenhaft illegal Eingewanderte aus aller Welt auf die andere Seite des Rio Bravo zu bringen.
In den Aufnahmestellen entlang der Grenze herrschen schon jetzt katastrophale Verhältnisse. Angesichts von mehr als einer Million Menschen aus Venezuela, Haiti, Mittelamerika und anderen Staaten, die derzeit jährlich ankommen, sind sie überfordert. Viele hängen wegen der restriktiven Einwanderungspolitik von Trumps Vorgänger Joe Biden bereits an der Grenze fest. Mit neuen Abschiebungen aus den USA drohe eine humanitäre Katastrophe, fürchtet Sozialwissenschaftlerin Cristina Hernández von der Nationalen Autonomen Universität Mexikos: „Es gibt keine Ressourcen, etwa für eine unmittelbare gesundheitliche und psychologische Betreuung.“
Hohe Einfuhrzölle für Mexiko
Trumps Drohungen klingen hart. Sollte Mexiko die Migration und den Schmuggel der Droge Fentanyl nicht eindämmen, werde er 25 Prozent Einfuhrzoll für Waren aus dem Land erheben. Das würde den Freihandelsvertrag (USMCA) ad absurdum führen, der die USA, Kanada und Mexiko miteinander verbindet.
Und es widerspräche dem Prinzip der grenzüberschreitenden Produktion, von dem die mexikanische Wirtschaft ebenso profitiert wie die US-amerikanische. Mexikos Wirtschaftsminister Marcelo Ebrard spricht deshalb von einem Schuss ins eigene Bein. „Am Ende würden die Konsumenten in den Vereinigten Staaten unter den Zöllen leiden.“
Dort ansässige Unternehmen würden 400.000 Arbeitsplätze verlieren. Vor allem die Automobilindustrie wäre betroffen, erklärt er. 88 Prozent der Pick-ups, die in den USA verkauft werden, stammten aus dem Nachbarland. Deren Preis würde um 3.000 US-Dollar steigen. „Der Zollkrieg würde in Mexiko mehr Schaden anrichten als in den USA,“ resümiert der Analytiker Jorge Zepeda Patterson, „aber sie müssen klar haben, dass die Maßnahmen auch für sie hohe Kosten haben“.
Dennoch ist die Regierung bereits auf Trump zugegangen. So etwa im Handel mit China. Der Republikaner will nicht nur die US-Wirtschaft mit hohen Importzöllen vor chinesischen Waren schützen, sondern denunziert zugleich Mexiko als Einfallstor für die Produkte und droht deshalb damit, den USMCA bei den dieses Jahr anstehenden Neuverhandlungen platzen zu lassen. Schon Sheinbaums Vorgänger Andrés Manuel López Obrador hat für einige der Importe hohe Einfuhrsteuern verfügt, doch die jetzige Regierung legte deutlich nach.
Signal an Trump
Im Dezember verkündete Ebrard, man werde auf Textilien 35 Prozent Zoll erheben. Zwar richtet sich die Maßnahme formal nicht speziell gegen China, aber als mit Abstand wichtigster Textilexporteur für Mexiko ist das Land zweifellos am meisten betroffen. Das protektionistische Vorgehen hilft auch der mexikanischen Industrie, dennoch wird es von Beobachter*innen als Signal an Trump gewertet.
Eine Botschaft Richtung Washington sendet Sheinbaum auch mit Blick auf die Kriminalität. Im Gegensatz zu López Obrador, der in seiner Amtszeit keine Erfolge gegen Mafia und Gewalt vorweisen konnte, unternimmt die seit Oktober regierende Präsidentin neue Schritte. Sie schickte ihren Sicherheitsminister Omar García Harfuch, der sich als Polizeichef der Hauptstadt einen Namen machte, in den Bundesstaat Sinaloa.
Zudem beschlagnahmten die Behörden in der Region auf einen Schlag über eine Tonne Fentanyl – so viel wie noch nie. Die Droge, durch die in den USA jährlich 70.000 Menschen sterben, wird unter anderem vom Sinaloa-Kartell über den Rio Bravo gebracht und dient Trump als Grund für sein Vorhaben, die mexikanischen Mafiaorganisationen auf die Liste terroristischer Vereinigungen zu setzen. Sollte ihm das gelingen, wäre das ein wichtiger Schritt, um, wie er bereits angekündigte, militärisch auf mexikanischem Boden gegen die Kartelle vorzugehen.
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