Bewerbung für Olympia 2022: Wahlkampf mit FDP-Farben
Um die Winterspiele nach München holen zu können, sind die Befürworter auf vier positive Bürgervoten angewiesen. Der Kampagnenstart wirkt überstürzt.
MÜNCHEN taz | Im Frühjahr wird Felix Neureuther 30 Jahre alt. Eigentlich kein Problem für den ewigen Lausbub. Er sagt: „Ich bin viel zu jung für 30.“ Schiebt aber doch nachdenklich hinterher: „Obwohl: Wenn jetzt tatsächlich Olympia kommt, dann ist es schon blöd, wenn ich jetzt 30 werde.“ Olympia 2022: Für ihn und Kollegin Maria Höfl-Riesch kommt das zu spät.
Die Neu-Kitzbühlerin wird in Sotschi zum letzten Mal bei Olympia starten, und wie lange der Körper des Garmischer Slalom-Helden noch mitmacht, ist ungewiss. Fest steht, dass sie sich für das Großereignis in ihrer Heimat kräftig ins Zeug legen werden. Fest steht aber auch, dass das gar nicht so viele Menschen interessiert.
Am 10.November kommt es in München, Garmisch-Partenkirchen sowie den Landkreisen Traunstein und Berchtesgaden zu Bürgerentscheiden über eine Olympia-Bewerbung für den Winter 2022. Vier positive Bürgervoten sind Voraussetzung für die Einreichung einer erneuten Bewerbung Münchens beim IOC.
„Wir müssen viermal gewinnen, unsere Gegner nur einmal“, sagte Münchens OB Christian Ude, und Thomas Muderlak, Vorstandssprecher der Tourismus Initiative München, Mitbegründer der Olympia-Kampagne „Team München 2022“ und Geschäftsführer der BMW Welt am Olympiapark meinte: „Ein klares starkes Ja der Menschen an den vier Wettkampforten wäre ein erstes starkes Argument beim IOC.“
Die Frist zur Anmeldung endet am 14. November. Die Konkurrenten heißen Almaty, Oslo, Östersund, Barcelona, Krakau und Lwiw. Das IOC entscheidet am 31. Juli 2015 in Kuala Lumpur.
„Olympische Emotionen sind nicht zu überbieten“
So weit die Fakten. Die gefühlte Olympia-Stimmung ist derweil schwieriger zu greifen. Mit Wahlplakaten forcieren die Befürworter ihren Kampf um das „Ja“ der Bürger. Der Slogan: „Deine Stimme – Deine Spiele“. Dumm nur, dass die Plakate in einer Zeit aufgestellt werden, in der die Menschen nach Land- und Bundestagswahlen keinen Blick mehr für Plakate haben.
Dumm auch, dass das „OJa“-Plakat in der Farbgebung auf fatale Weise an eine Partei erinnert, die soeben glorreich im Polit-Orkus verschwunden ist. Man sieht der Kampagne an, dass es nach der Wahl von Thomas Bach zum IOC-Chef schnell gehen musste.
Egal, die üblichen Verdächtigen rühren wieder die Olympia-Trommel: „Olympische Emotionen sind nicht zu überbieten“, erklärt Markus Wasmeier, Doppel-Olympiasieger von 1994, „wir müssen der Bevölkerung sagen: Das sind eure Spiele! Sicher, so grandios wie bei der letzten Bewerbung, als Pyeongchang den Zuschlag bekam, würde man nicht scheitern. Wasmeier & Co. setzen auf Emotion, um die wahlmüden Bayern wieder an die Urne zu treiben. Er habe als Neunjähriger 1972 das Olympische Feuer als „Magnet“ erlebt, so Wasmeier, „das hat mich motiviert. Ich will, dass wir alle miteinander dieses Feuer spüren.“
Geschürt wird das Feuer vom „Team München 22“, einem Zusammenschluss von 160 Münchner Unternehmen, Vereinen und Verbänden. Neben dem FC Bayern engagieren sich etwa Sky Deutschland, die Münchner CSU, SPD, FDP und Freie Wähler sowie der ADAC für die Bewerbung.
Angeblich ist kein Geld notwendig
Team-Chef Muderlak rechnet vor, dass es „noch nie so nachhaltige Spiele gegeben hat, wie es 2022 der Fall wäre“. 84 Prozent der Sportstätten und Gebäude für die Spiele seien bereits vorhanden. Den Etat der Unterstützer bezifferte er auf „etwa eine Dreiviertelmillion bis eine Million“ Euro, jedoch „nicht in Geld, sondern in Engagement“.
In Garmisch-Partenkirchen, bei der letzten Bewerbung eine Hochburg der Olympia-Gegner, wirbt der Verein „OlympiJa“ um Zustimmung. Doch auch die Gegner um den Grünen-Politiker Ludwig Hartmann sind nicht untätig, organisieren unter dem Motto „OlympJa – NOlympia“ Podiumsdiskussionen und wollen so die Bewerbung zu Fall zu bringen. Auch im Chiemgau, das in Ruhpolding die Biathlon- und Langlauf-Wettbewerbe übernehmen soll, fragen sich viele, ob Olympia nicht eine Nummer zu groß für die Region ist.
Schon bei der letzten Biathlon-WM stieß man an Kapazitätsgrenzen und musste so manchen Journalisten im nagelneuen Seniorenstift unterbringen. Doch dort sind mittlerweile alle Zimmer belegt …
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