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Bewegung in die Eckkneipe

■ betr.: „Die Leichtigkeit des Streiks“, taz vom 28.2. 98

Die ÖTV streikt. Zunächst im öffentlichen Nahverkehr, bei Kindertagesstätten und in den Verwaltungen. Da freut sich der aufgeklärte Leser. Immerhin sind gesellschaftliche Bewegungen derzeit eine eher seltene Erscheinung. Oder er schaut in die taz, um sich mit Argumenten dagegen zu versorgen. Die Argumente auf der taz-Titelseite wiegen wie immer schwer: Streiks treffen Menschen in den Randlagen der Gesellschaft, wie Alleinerziehende, Auszubildende, sozial Schlechtgestellte. Auch in den Eigenheimen in den Randlagen der Stadt braucht man Busse und Bahnen. Außerdem sehen untersetzte Busfahrer in Streikposten-Plastik allzu deutsch aus. Und noch dazu haben die Kollegen in Lissabon viel pfiffigere Ideen. Alles sehr überzeugend. Der aufgeklärte Leser kann wieder einmal beruhigt zu Hause bleiben und sich das Ganze im Fernsehen angucken.

Gegenüber auf der Rückseite der taz lesen wir noch, wie der (längst verstorbene) Rudi Dutschke für Kapitaleinlagen bei seiner tageszeitung wirbt und warum Kneipen an Straßenecken besonders leicht zu finden sind. Protagonisten gesellschaftlicher Bewegungen von vor 30 Jahren scheinen bei der taz also durchaus positiv wahrgenommen zu werden, während heutzutage die Bewegung in die Eckkneipe angesagt ist.

Meine Meinung: Die taz pflegt mal wieder ihr Kommentatorentum und vermittelt uns täglich aufs neue, warum die Nichtteilnahme an jeder gesellschaftlichen Bewegung angeblich das vornehmste Ziel eines modern denkenden Linken sein muß. Wer das braucht, soll es bitte schön auch selber finanzieren. Und nur, um den Weg in die Eckkneipe zu finden, brauche ich eigentlich keine Tageszeitung... Claus Vogt, ÖTV-Mitglied Berlin

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