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Betreuung an GrundschulenGebühren verschwiegen

Erst mit dem Anmeldeschluss gab der Senat bekannt, dass die Betreuung der Vorschulkinder am Nachmittag etwas kosten soll. Nun fordert die LEA ein Rücktrittsrecht.

Unerwartet kostenpflichtig: Vorschulkinder-Betreuung. Bild: dpa

Quasi im Kleingedruckten teilte der Senat am vorigen Donnerstag mit, dass die geplante Ganztägige Betreuung an Grundschulen (GBS) für Vorschulkinder nun doch etwas kosten soll. Erste Medienberichte folgten dann am Freitag. Doch just an diesem Tag war die Anmeldezeit für neue Vorschulklassen zu Ende.

Dieses Vorgehen findet die Landeselternvertretung der Kitas (LEA) inakzeptabel. "Das ist ein Unding", sagt Sprecherin Claudia Wackendorff. "Wir fordern die Behörden auf, den Eltern öffentlich ein Rücktrittsrecht von ihrer Vorschul-Anmeldung zuzusichern."

Alternativ zur GBS können Eltern ihre fünfjährigen Kinder in der Kita lassen. Auch dort gibt es Vorschularbeit, werden Kinder im Zuge des Konzepts "Kita-Brückenjahr" musisch, motorisch, sprachlich, sozial und sogar mathematisch gefördert. Doch die Kitas sind für Kinder im letzten Vorschuljahr nur für täglich fünf Stunden gratis. Eltern, die eine Betreuung bis 16 Uhr brauchen, zahlen je nach Einkommen bis zu 191 Euro (siehe Kasten).

Die GBS dagegen, die es an 28 Grundschulen bereits gibt, sollte in der Kernzeit von 8 bis 16 Uhr für alle Kinder kostenlos sein. Das sollte laut allen bisher bekannten Informationen auch für Vorschulkinder gelten. "Auch Schwarz-Grün hatte dies so geplant", erinnert die GAL-Kita-Politikerin Christiane Blömeke.

Das Vorschul-System

Vorschulen verzeichneten 2011 einen Anmelderekord. Für 8.030 Kinder wurden 392 Klassen eingerichtet, 43 mehr als 2010.

Für Fünfjährige ist der fünfstündige Vormittag in Kitas und Vorschule kostenlos.

Die Kita-Elternbeiträge staffeln sich nach Einkommen. Die Anschlussbetreuung von 13 bis 16 Uhr kostet für Niedrigzahler elf und für Höchstsatzzahler 191 Euro.

In der GBS ist die Betreuung von 13 bis 16 Uhr für alle anderen Schulkinder gratis. Das gilt nicht für Betreuung in Randzeiten, in den Ferien und für das Essen.

Doch am Donnertag teilten Sozial- und Schulbehörde am Ende einer Pressemitteilung überraschend mit, die Kostenfreiheit gelte erst ab der 1. Klasse. Für Vorschulkinder werde "ein wettbewerbsneutrales Gebührensystem analog zur Kita" entwickelt.

Der Senat steht hier in einer Zwickmühle. Denn Kita und Vorschule sind ein Parallelsystem, das es so nur in Hamburg gibt und das als gleichwertig gilt. Für eine Wettbewerbsneutralität könnte man auch die Kita von 13 bis 16 Uhr gratis anbieten. Aber das würde Millionen kosten.

Claudia Wackendorff findet einen Punkt besonders bitter: Der Betreuungsschlüssel in der GBS ist mit einem Erzieher auf 23 Kinder deutlich schlechter als in der Kita mit eins zu elf. "Wenn es das gleiche kostet, müssten auch die gleichen Standards gelten", so die LEA-Sprecherin. "Warum sollten Eltern für schlechtere Betreuung das Gleiche zahlen?"

Schulsenator Ties Rabe (SPD) rechnet dagegen vor, dass nicht alle Kinder in der GBS immer anwesend seien und man so auf einen besseren Schlüssel komme. Allerdings tritt dieser Verdünnungs-Effekt genauso in den Kitas ein.

Auf die Kritik des LEA angesprochen regiert Rabe gelassen: "Wenn das Gebührensystem feststeht, können Eltern ihre Anmeldung selbstverständlich zurückziehen." Er weißt darauf hin, dass die geplanten Gebühren denen der Kita entsprächen, "inklusive sozialer Staffelung und Geschwisterkindregelung".

"Der LEA geht ohnehin davon aus, dass Eltern das Recht haben die Anmeldung zurück zu ziehen", sagt Wackendorff. Vorschule sei freiwillig, "aber das wissen nicht alle". Auch müsse dies rasch erfolgen, "sonst sind die Kitaplätze an andere vergeben".

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2 Kommentare

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  • N
    Nanny

    Ja. Gut - ein Rücktrittrecht ist natürlich mehr als erwartbar.

     

    Aber, zwischen den Zeilen lese ich doch noch etwas anderes - und weiß auch durch Gespräche:

     

    Hier erwarten Eltern die Solidarität der Gesamtgesellschaft, denn eigentlich wird eine kostenlose Ganztagsbetreuung erwartet.

    Die in Form von (Vor&)Schule, Vormittagsbetreuung, Kindergeld, Kinderfreibetrag und bei Vielen die Ersparnisse durch das Ehegattensplitting etc. ja auch schon kräftig geleistet wird.

    Die Erweiterung dieser Solidarität in Form von Unterstützung einer gänzlich kostenlosen, ganztägigen Betreuung wäre auf Seiten anderer Gruppen der Bevölkerung sicher gewährleistet, wenn denn der solidarische Gedanke insgesamt größer wäre:

    Die gleichen Eltern haben sich nämlich z.B. gegen die Erweiterung der Grundschulzeit auf 6 Jahre stark gemacht, die in einem Schritt benachteiligten Kindern, in einem zweiten der Gesamtgesellschaft zugute käme.

    Und - ich spekuliere mal wild - es ist den Eltern auch ziemlich egal, dass die Betreuungskräfte ein so kleines Gehalt beziehen, dass man davon in Hamburg nicht vernünftig leben (und z.B. eine Familie planen) kann, sowie dass die Betreuung teils von Honorarkräften geleistet wird, die nach einem Studium (das noch abbezahlt werden muss) dann für ca. 8.- brutto mit mehr als 20 Kindern arbeiten müssen (ich weiß von einem Fall, wo es ab nachmittags aufgrund von Fehlplanungen etc. sogar bis 40! Kinder sind!), von denen im Schnitt 3 die (Einzel-)Betreuung durch den sozialpsychiatrischen Dienst benötigen würden, während zehn andere Eltern haben, die glauben, dass sie die Arbeit der Pädagogen täglich mitentscheiden und diskutieren müßten (und so ihre Schuldgefühle gegenüber ihren Kindern den Betreuern aufhalsen).

     

    Jeder Fabrikarbeiter verdient mehr und wird für seine Arbeit besser anerkannt und respektiert.

     

    Aber - ne klar - nur an Solidarität für (berufstätige)Eltern fehlt's in unserer Gesellschaft!

  • WB
    Wolfgang Banse

    Nicht mit offenen Karten gespielt

    Erziehungsberechtigte fühlen sich betrogen,was die kostenlose Betreuung ihrer Kinder im Vorschulbereich am Nachmittag betrifft.

    Im vorn herein reinen Wein einschenken und die Erziehungsberechtigten informieren,was auf sie zu kommt,im Bezug auf das Finanzielle,das sollte das oberste Gebot sein,was die Aufrichtigkeit und Glaubwürdigkeit des Senats der Hansestadt Hamburg betrifft.

    Die GEW sollte hier sich für die Erziehungsberechtigten Partei ergreifen.

    Auch Erziehungsberechtigte Wähler,sie werden bei der nächsten anstehenden Wahl ihr Votum abgeben.