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Betr.: antworten auf letzte fragen

Fährt ein Zug auf, von oder – wie von deutschen Bahnhofsvorstehern immer behauptet – aus einem Gleis ab? (24. 6. 00)

Ein Zug steht auf einem Gleis, von dem er dann abfährt, wenn er aus dem Bahnhof rollt.

Martje Petersen, Hamburg

Das ist abhängig von der Pünktlichkeit der Deutschen Bahn AG. Steht ein Zug abfahrbereit am Bahnsteig fährt er auf Gleis 13 ab. Hat er Verspätung und ist weit und breit noch nicht in Sicht, wird er irgendwann von Gleis 13 abfahren. Setzt sich ein Zug gerade in Bewegung und es ist sinnlos, zu laufen, dann fährt er aus Gleis 13 ab!

Orlando Lupo, Trier

Eigentlich fahren Züge am Bahnsteig ab. Da aber Bahnsteige nur eine Bezeichnung haben, etwa 1, 2, . . . oder A, B, . . ., geraten Reisende somit leicht in die Irre oder auf die falsche Seite, also in den falschen Zug. Selbstverständlich fahren Züge auf einem Gleis (ab) – eine notwendige Voraussetzung für das Rad-Schiene-System. Es ist auch möglich, dass Züge von einem Gleis abfahren, das schließt noch ein, dass sie in ein anderes Gleis fahren. Was nicht gut ist: Wenn Züge aus einem Gleis fahren. Damit wäre die Fahrt beendet. In der letzten Vergangenheit gab es leider solche Ereignisse.

Steffen Sachtleber, Berlin

Wenn deutsche BahnhofsvorsteherInnen Züge aus einem Gleis abfahren lassen, ist das schlichtweg Neudeutsch. Außerdem eine Präposition, die bekanntlich für Orts- und Ländernamen verwendet wird – und daran soll sich das „aus“ des abfahrenden Zuges anlehnen, soll an die große, weite Welt erinnern. Die Bahn möchte hiermit ihr muffiges Image aufwerten (als ob „aus einem Gleis abfahren“ nicht muffig klingen würde).

Shivani-Pauline von und zu Dorum (so, so . . .), Bremen

Er fährt von einem Gleis aus auf die unvermeidlich nächste Panne zu.

Gerd Neurath, Saarbrücken

Züge sind keine Schiffe. Ist je ein Zug in Seenot geraten? Daher laufen Züge weder aus dem Hafen noch aus einem Gleis aus. Würde ein Zug aus einem Gleis laufen, bedeutete dies nicht eine Entgleisung? Züge sind keine Flugzeuge. Ist jemals ein Zug entführt worden? Züge fahren weder auf Start-und-Lande-Bahnen noch auf Gleisen ab. Würde ein Zug auf ein Gleis abfahren, bedeutete dies lediglich, dass beide eine innige Beziehung zueinander hätten. Züge sind Züge und fahren brav ohne Umwege von einem Ort zum anderen, somit auch von einem Gleis zum nächsten.

Mareike Deesch, Buchholz

Auf welchem Amt bekomme ich ein Armutszeugnis? (24. 6. 00)

Beim Ministerium deines Innern?

Lea und Wulf Niepold, Berlin

Auf dem Finanzamt, die nennen das Steuerbescheid.

Gerd Neurath, Saarbrücken

Im Sozialamt kriegst du keines, im Arbeitslosen- oder im Finanzamt auch nicht. Man bekam auch früher keines im Armenhaus. Auch in den Schulen kriegst du keines, nicht mal auf dem Schulamt. Da kannst du bis Karlsruhe klagen! Wer gibt sich schon zur Bezeugung von Armut her? Letzteres ist freilich ein solches. Albert Knapp,Frankfurt am Main

Du kannst es jederzeit und überall auf der Welt ohne Antragsformular und Bearbeitungsgebühren bekommen, denn es ist das einzige Zeugnis, das du dir selbst ausstellst.

Uta Eckensberger, Saarbrücken

Der Determinist bekommt es, wie die Geburtsurkunde, von dort, woher er stammt. Der Verliebte holt es sich lieber vom Standesamt. Dem Darniederliegenden verkündet es der Scheidungsrichter. Der Zyniker stellt es sich selbst aus.

Gerd Gerhard, Ibbenbüren

Auf dem Sozialamt. Es heißt dort allerdings „Bescheid über die Gewährung von Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz und dem Wohngeldgesetz“.

WG Dorumstraße, Bremen

Hält man einen Platz nun „besetzt“ oder „frei“? (24. 6. 00)

Halte einen Platz besetzt, damit dieser für die richtige Person frei ist. Oder halte den Platz frei, bis die richtige Person ihn besetzt.

Bettina Tholen, Friesoythe

Hängt davon ab, wer sich setzen will.

Sabine Gräber und Marco Gottschild, Frankfurt am Main

Man hält einen Platz frei, weil er besetzt ist.

Ingrid Lampe, Kempen

Man hält einen Platz besetzt, denn wenn man ihn freihält, besetzen ihn andere.

Heidrun Löwner, Kiel

Man hält einen Platz frei, indem man ihn besetzt.

Martje Petersen, Hamburg

Im Theater. Ich kaufte mir eine „Frei“-Karte und hatte dann meinen Platz besetzt. Neben mir saß ein Mann. Der nächstfolgende Platz war nicht frei, obwohl ihn seine Frau besetzt hatte. Dann kam eine zweite Frau, seine Freundin; seine Frau stand auf, hielt also den Platz frei für seine Freundin, was wiederum der Freundin nicht gefiel, ein Streit brach aus, es war laut, ich ging. Damit wurde ein Platz frei, obwohl ich nicht besetzt hielt, aber besetzt hatte. Vor Beginn des Stückes kam dann der Mann, die Frauen blieben im Theater. Damit war also ein Platz frei und nicht besetzt und keine hielt – dort saßen die Handtaschen der Frauen. Übrigens, das Stück hieß „Mein linker, linker Platz ist ‚leer‘, ich wünsche mir die/ den . . . her“. (Geht auch mit rechts). Alles klar?!

Steffen Sachtleber, Berlin

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