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die stimme der kritikBetr.: Vergangenheitsbewältigung, linke

Die couragierte Einzelstimme der Bettina Röhl

Deutschland im Winter. „Fischernetz“ rules, in den Straßen fließt das Blut hektoliterweise. „Staatsnotstand“ herrscht. Nur eine bewahrt kühlen Kopf: Bettina Röhl, die unerschrockene Rechercheuse mit der spannenden Internetseite (www.bettinaroehl.de), auf der sie von ihrem Kampf gegen das „real existierende System Fischer“ berichtet bzw. ihre Briefe an den Bundespräsidenten veröffentlicht, auf dass der seines Amtes walte und den Außenminister einsperren lasse.

Ein harter Job! Denn das System Fischer „lähmt die Medien und schaltet sie regierungsamtlich gleich“. „Wie mir viele Journalisten unter vier Augen sagen, gäbe es kaum einen nicht-grünen Journalisten“. Überall rennt rum der Joschka: „Mit welchem Chefredakteur o.ä. ich auch immer gesprochen habe, Fischer war gerade zum Mittagessen da.“ Nicht nur Chefredakteure stellen sich Frau Röhl entgegen. Die „80 Millionen Bundesbürger“, die „wütend und wahnsinnig mutig gegen ein paar tausend verwirrte und gewaltbezogene Personen“ demonstrieren und sich so „selber den Orden des moralischen Adels anheften“, brüllen „eine wirklich couragierte Einzelstimme nieder“. Und verteidigen Fischer.

„Wer heute ein Foto Adolf Hitlers beim Pinkeln hervorzauberte, müsste nach der Logik dieser Mainstreampinkler den Beweis in den Händen halten, dass der Führer keiner Fliege geschweige denn einem Menschen etwas zuleide getan hat.“ Die Texte von Bettina Röhl sind ein grimmiger Spaß für Zyniker: Nieder mit Fischer, der „nicht müde wird, seine persönlichen Ausraster als durch die Bosheit der jüdischen Vätergeneration, wie er das zu nennen pflegt, motiviert zu bezeichnen“, nieder mit Fischer, dessen Vergangenheit „mit einem Programmvirus behaftet ist, der Fischers Vergangenheit automatisch permanent glorifiziert, romantisiert und als durch die damalige Zeit legitimiert darstellt“, nieder mit Fischer, dessen Führerhaftigkeit damals schon übersehen wurde, „dies vor allem beruhend auf Langhaarigkeit, Rockigkeit, Ché-Guevarahaftigkeit, Drogenlaunigkeit ...“

„Der wahre Verlierer der ganzen Fischershow in dieser Nummer sind die ewig gestrige CDU oder auch die FDP oder CSU“ und „der so genannte kleine Mann, die sozial Schwächeren“. Und die Gewinner wie immer „die Ewiggestrigen, die in Linksrichtung eingeschlafen sind, keine Peilung mehr haben und sich immer noch nicht von ihrer gescheiterten, sexuellen Revolution erholt haben“. Danke Anke! DETLEF KUHLBRODT

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