die stimme der kritik: Betr.: Herrn Büser
Die Rückkehr des Testbildes ist dringend nötig
Vor ein paar Wochen war ich an einer Autobahnraststätte, und wen sah ich da? Ich bin mir nicht hundertprozentig sicher, aber ich glaube, ich habe dort Wolfgang Büser gesehen. So etwa Mitte 50, fast weiße Haare, Hemd, Krawatte und darüber einen engen Pullover. So wie Herr Büser eben aussieht. Dann, als ich gerade dachte: „Guck mal einer an, da ist der Herr Büser also im Moment gleichzeitig mit dir in dieser Raststätte“, da habe ich mich erschrocken und dachte als Nächstes: „Mensch, ist das nicht schlimm, dass du Herrn Büser überhaupt kennst!“
Für alle, die es nicht wissen – und ich hoffe, es sind viele: Wolfgang Büser ist der Experte in der Sendung „Streit um Drei“, die jeden Tag um 15.10 Uhr im ZDF läuft und in der hauptsächlich Schiedgerichtsverfahren gespielt werden. Richter Neumann hat eine verkrampfte Lockerheit an sich, Kläger sowie Beklagte sind meistens Idioten, die man gern beide in die Verbannung schicken würde, und nach dem Urteilsspruch gibt Herr Büser gegenüber einem unsympathischen Journalistendarsteller seinen Kommentar zum Urteil ab, der aus der Schilderung eines ähnlichen Richterspruches besteht. Die Drehbuchautoren von „Streit um Drei“ benutzen dabei den dramaturgischen Kniff, dass der Journalist und Herr Büser sich scherzhaft necken. Das soll locker und lustig sein, ist es aber nicht.
Ich habe ein Problem damit, dass ich Herrn Büser kenne. Die ganze Republik sollte ein Problem damit haben, dass viele Leute diesen Menschen kennen. Denn: Nachmittags um zehn nach drei sollte eigentlich niemand fernsehn. Stattdessen sollten alle arbeiten und den Wohlstand mehren. Ich persönlich sehe nachmittags nicht fern. Ich sehe Herrn Büser in der nächtlichen Wiederholung, meist nach „Domian“. Schlimm, denn zu dieser Zeit sollte ich eigentlich schon schlafen, um am nächsten Morgen frisch dem Lohnerwerb nachzugehen.
Fernsehen sollte es nur von 16 bis, sagen wir mal, 23 Uhr geben, von den Wochenenden mal abgesehen. In der übrigen Zeit sollte das Testbild zu sehen sein. Wer sich das ansehen möchte oder auch zwanghaft glotzt, ist für den Arbeitsmarkt ohnehin verloren. Sieben Stunden Fernsehen zum Entspannen sind genug. Und in diesem knappen Zeitraum jemandem wie Herrn Büser, der zwar recht freundlich, aber vollkommen überflüssig ist, ein Forum zu bieten, das würde man sich vielleicht noch mal überlegen.
ANDREAS SCHEFFLER
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