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Besserer Test für DownsyndromErbgutschnipsel im Blut

US-Forscher haben eine neue Methode zum Nachweis von Chromosomenstörungen bei Föten entwickelt. Ein Bluttropfen der Schwangeren reicht schon aus.

Wer weiß, welche Krankheiten in seinem Erbgut schlummern. Bild: reuters

Forscher an der kalifornischen Stanford Universität haben einen gefahrlosen Bluttest entwickelt, mit dem schon in einem frühen Schwangerschaftsstadium Chromosomenstörungen wie etwa das Downsyndrom entdeckt werden können. Auch andere Erbgutveränderungen, die auf eine Erhöhung oder Reduzierung der normalen Chromosomenzahl beruhen, lassen sich mit dem Verfahren nachweisen.

Für die Untersuchung benötigen die Forscher lediglich eine Blutprobe der Mutter. Das Verfahren beruhe darauf, dass in dem Blutserum auch Erbgutschnipsel des Fötus zu finden sind, berichten Forscher um Stephen Quake in den "Proceedings" der US-Akademie der Wissenschaften (PNAS).

Seit langem schon ist bekannt, dass während der Schwangerschaft im Blut der Mutter kurze Erbgutschnipsel zu finden sind, die ursprünglich mal zum Genom des Fötus gehörten. Insgesamt stammt etwa zehn Prozent der im Blut nachweisbaren, nicht an Zellen gebundenen DNA vom Kind. Quake und seine Kollegen analysierten die in den Blutproben von Schwangeren vorhandenen Erbgutschnipsel und ordneten sie entweder dem Kind oder der Mutter zu. Sie konnten zudem feststellen, von welchem Chromosomen jedes einzelne DNA-Stücken abstammt.

Sind nun von einem Chromosom übermäßig viele Schnipsel vorhanden, war dies für die Forscher ein Hinweis darauf, dass auch das entsprechende Chromosom häufiger vorhanden ist. Um die Ergebnisse ihres Verfahrens statistisch sicherer zu machen, analysierten die Forscher für jeden Test rund fünf Millionen zufällig ausgesuchte DNA-Schnipsel. Möglich war das nur, weil in den letzten Jahren Automaten entwickelt wurden, die eine riesige Anzahl von DNA-Abschnitten gleichzeitig sequenzieren können.

Den Forschern gelang es so, mehrere sogenannte Trisomien bei den Föten nachzuweisen. Dabei handelt es sich um Abweichungen in der Anzahl der Chromosomen. Normaler sind in jeder menschlichen Körperzelle jeweils zwei Kopien von den 23 Chromosomen vorhanden. Bei den Trisomien sind einzelne Chromosomen dreimal vorhanden. Bei dem Downsyndrom, das weltweit bei jedem 800. Kind auftritt, ist eine Kopie des Chromosom Nr. 21 zu viel. Die Krankheit wird daher auch als Trisomie 21 bezweichnet.

Bisher wurde das Verfahren nur an wenigen Schwangeren getestet - und zwar in der 14. Schwangerschaftswoche. Bei 18 schwangeren Probandinnen konnten die Forscher alle 12 Chromosomenanomalien ausfindig machen. Die Chromosomenstörungen waren zuvor mit anderen Verfahren festgestellt worden. Konkret handelte es sich dabei um neun Trisomien 21, zwei Trisomien 18 (Edward-Syndrom) und eine Trisomie 13 (Patau-Syndrom).

Bevor das Verfahren allgemein verfügbar ist, wird es sich jedoch erst noch in einer größeren Versuchsreihe bewähren müssen. Sollte dies der Fall sein, wird die Stanford-Methode wohl sehr schnell das derzeit übliche Verfahren für den Nachweis von Trisomien ablösen, die Amniozentese, die bei Verdachtsfällen ab der 16. Schwangerschaftswoche durchgeführt wird.

Dazu wird durch die Baudecke hindurch mit einer Nadel eine Fruchtwasserprobe entnommen. Die darin vorhanden fötalen Zellen werden dann im Labor auf Chromosomenabweichungen hin untersucht. Diese invasive Methode ist jedoch mit einem Risiko für das Kind verbunden. Bei 0,5 Prozent wird durch die Fruchtwasseruntersuchung eine Fehlgeburt ausgelöst.

Bei der Stanford-Methode gibt es dieses Fehlgeburtsrisiko nicht. Auch würde das neue Verfahren kostengünstiger sein. Rund 700 US-Dollar soll eine Untersuchung derzeit kosten. Quake rechnet jedoch damit, dass der Preis noch auf rund 300 Dollar sinken wird. Im Vergleich dazu: eine Amniozentese wird mit 1.000 US-Dollar veranschlagt.

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3 Kommentare

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  • DM
    Dr. med. Reinhard Bornemann

    Liebe Taz,

    sehr geehrter Herr Löhr,

     

    ich möchte Ihren Beitrag aus "testtheoretischer" uns aus "medizinischer" Sicht diskutieren.

     

    Sie schreiben: "Forscher ... haben einen gefahrlosen Bluttest entwickelt ...", wobei das "gefahrlos" auf das kindliche Risiko bezogen wird, da "bei 0,5 Prozent durch die Fruchtwasseruntersuchung eine Fehlgeburt ausgelöst wird".

     

     

    Zunächst zur Testtheorie:

     

    Ein biomedizinischer Test ist nie "perfekt". Perfekt hieße, dass eine aufzuspürende Krankheit, oder ein Risiko für eine Krankheit, durch einen bestimmten Test immer "richtig" erkannt wird. "Richtig" hieße, dass der Test in denjenigen Fällen, wo die gesuchte Krankheit bzw. das Risiko tatsächlich vorliegen, dieses anzeigt bzw. "positiv" ist, und in den anderen Fällen, wo Krankheit/Risiko nicht vorliegen, "negativ" bleibt, und das mit einer klaren Aussage "ja oder nein". In der Wirklichkeit beruhen Tests aber i.d.R. auf der Anwendung von Messverfahren, die kein "ja" oder "nein", sondern eine gewisse Bandbreite von Messresultaten liefern. Da aber eine "klare" Aussage gewünscht wird, muss ein Trennstrich gezogen werden, der "wahrscheinlich positive" und "wahrscheinlich negative" Fälle voneinander abgrenzt (z.T. als "cutoff" bezeichnet)

     

    In Bezug auf das Vorhandensein "übermäßig vieler Schnipsel" bestimmter Chromosomen wird man vermutlich (ohne das Testverfahren im Detail zu kennen) eine gewisse Bandbreite der gefundenen Anzahl solcher Schnipsel bei Gesunden und Kranken vorfinden und ab einer gewissen Menge sagen "das ist nicht mehr normal", und auf das Vorhandensein einer Chromosomenanomalie schließen.

     

    Dies scheint bei bislang 18 untersuchten Frauen mit 100%iger Treffsicherheit gelungen zu sein, wo man anhand eines anderen Testes (testtheoretisch: dem sog. "Goldstandard") "wusste", wie die "wahre" Lage war (dass auch der "Goldstandard" irgendwo validiert werden muss, soll hier ausgeklammert werden). Nun weiß man aus der Testentwicklung, dass Ausgangsstudien zur Entwicklung neuer Tests meist an "sicher" Kranken durchgeführt werden, was, wiederum ein testtheoretisches Phänomen, zu hoher Treffsicherheit führt (bzw. zu einem hohen "prädiktiven Vorhersagewert" eines positiven Ergebnisses). Wird später der Test in der breiten Bevölkerung eingesetzt, z.B. bei allen Frauen ab, sagen wir, 35 Jahren, mit ab dann sprunghaft zunehmendem Risiko für solche Chromosomenanomalien, wird die Treffsicherheit zwangsläufig abnehmen (die Testtheorie nennt das "Spectrum-Bias").

     

    Vergleichbare Phänomene sehen wir zzt. etwa bei der Reihenuntersuchung ("screening") auf Prostatakrebs - wenn der üblicherweise hierzu untersuchte PSA-Blutwert über einer gewissen Grenze vorgefunden wird, geht man vom Verdacht auf das Vorliegen einer Prostatakrebserkrankung aus und führt weitere, invasive Untersuchungen durch. Bei vielen Männern findet man dann aber nichts, der Wert hat fälschlicherweise "positiv" angezeigt, bzw. der "Cutoff" war hier zu niedrig gehängt worden.

     

    Die Kunst ist es also, den Cutoff optimal zu bestimmen, wohl wissend (s.o.), dass man dabei nie sicher zwischen gut oder böse unterscheiden kann. Die Festlegung hängt nun ab

    a) vom Schadenspotential der gesuchten Krankheit - je schwerwiegender die Krankheitsfolgen, um so eher würde man sich eine Entdeckung der Krankheit durch den Test wünschen (natürlich vorausgesetzt, man könnte daraus überhaupt therapeutische oder präventive Konsequenzen ableiten, aber das ist wieder eine andere Baustelle)

    b) vom Schadenspotential der anschließenden Maßnahmen bei einem "positiven" Test - je schwerwiegender die Folgen der durch eine anschließende weiterführende, i.d.R. invasive, Maßnahme ausfallen können, um so eher würde man sich eine zuverlässige "Negativmeldung" des Testes wünschen, wenn die Krankheit "in Wirklichkeit" nicht da ist.

     

     

    Nun zur medizinischen Konsequenz daraus:

     

    Die Suche nach Chromosomenanomalien beim Ungeborenen wird durchgeführt, weil diese zu z.T. schweren Beeinträchtigungen des später geborenen Kindes führen. Findet man solche Anomalien, besteht für die Mutter / die Eltern die Möglichkeit, dies zu akzeptieren oder nicht, bzw. einen Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen. Dies unterliegt bekannterweise einer intensiven ethischen Diskussion, die hier nicht ansatzweise dargestellt werden kann, auch nicht die Diskussion über die Begrifflichkeit "krank" bei einer Chromosomenanomalie.

     

    Wenn man aber akzeptiert, dass Mütter / Eltern die Möglichkeit haben, solchermaßen über sich und ihr ungeborenes Kind (mit) zu entscheiden, dann sollte man solche Tests befürworten, die den geringsten "Schaden" anrichten. Vergleichen wir also die "alte" und die "neue" Methode auf theoretischer Basis - da ein breiter Vergleich ja noch nicht zur Verfügung steht.

     

    Bei der "alten" Methode bestehen folgende "Schädigungspotentiale":

     

    mit Blick auf die Mutter:

    - die Mutter unterzieht sich einer invasiven Untersuchung, während der Fruchtwasserpunktion bzw. der Chorionzottenbiopsie (die Nebenwirkungsraten und die individuellen Folgen kann ich, da kein Gynäkologe, nicht angeben)

     

    mit Blick auf das Ungeborene:

    - durch die invasive Untersuchung kommt es in einem gewissen Prozentsatz zu einer Fehlgeburt

    - bei einem "positiven", d.h. "krank" anzeigenden Testergebnis erfolgt ggf. eine Abtreibung des Kindes

    - war dieses Testergebnis "richtig positiv", d.h. hatte das Ungeborene tatsächlich eine Chromosomenanomalie, dann wurde "richtig" gehandelt (wohlgemerkt, aus Sicht der jeweiligen Betroffenen, unter Ausklammerung der ethischen Debatte!)

    - war das Ergebnis "falsch positiv", d.h. hatte das Ungeborene keine Anomalie, so war die Handlungsweise "falsch", denn ein an sich gesundes Kind wurde abgetrieben

    - war das Ergebnis "richtig negativ", dann wurde folgerichtig die Schwangerschaft eines gesunden Kindes ausgetragen

    - war das Ergebnis "falsch negativ", das Ungeborene also entgegen dem negativen Testausfall doch mit einer Anomalie behaftet, dann wurde gegen den Wunsch der Eltern ein krankes Kind ausgetragen.

     

    Bei der "neuen" Methode ändern sich konzeptuell folgende Schritte:

     

    bei der Mutter:

    - hier darf die Blutabnahme, anstelle der invasiven Untersuchung, als unschädlich angesehen werden - die Mutter profitiert also in jedem Falle

     

    beim Ungeborenen:

    - durch die nichtinvasive Blutuntersuchung bei der Mutter besteht kein Fehlgeburtsrisiko beim Ungeborenen

    - bei einem "positiven" oder "negativen" Testergebnis ergeben sich prinzipiell die gleichen Konsequenzen wie beim "alten" Verfahren.

     

    Dies darf aber nicht nur aus der "theoretischen" Vergleichssituation zwischen beiden Testverfahren gesehen werden, sondern muss versuchsweise auch sowohl auf eine ggf. breitere Anwendung in der Bevölkerung projektiert werden. Von den hierzu sicher vielen zu bedenkenden Aspekten sehe ich zumindest diese voraus:

     

    Da der "neue" Bluttest sowohl für die Mutter als auch für das Ungeborene weniger invasiv ist, wird er vermutlich häufiger, vielleicht sogar deutlich häufiger als der "alte" Test angewandt werden.

    Beim "alten" Test, aufgrund eben seiner Invasivität, wird man es sich sowohl seitens der beratenden Gynäkologen als der beratenen Mütter / Eltern genau überlegt haben, ob man den Test durchführt, ggf. wird man sich dabei eher in "höheren" Risikosituationen, z.B. beim höheren Alter der Mutter, für einen solchen Test entschieden haben. Entsprechend, dem oben beschriebenen Theorem zufolge, dass je höher die Wahrscheinlichkeit einer Krankheit ist, um so zuverlässiger ein Test dies vorhersagen kann, wird man mit dem "alten" Verfahren ggf. relativ wenige "falsche" Testergebnisse, insbes. "falsch positive", produziert haben.

    Bei einem breiten Einsatz des "neuen" Tests wird zwangsläufig die Wahrscheinlichkeit für eine jeweilige Chromosomenanomalie niedriger liegen - daher werden prozentual mehr Tests "falsch positiv" ausfallen, mit der Konsequenz einer höheren Abtreibungswahrscheinlichkeit auch für eigentlich gesunde Kinder.

    Umgekehrt werden möglicherweise auch mehr Ungeborene mit Anomalien entdeckt, weil nun auch diejenigen nicht durchs Raster fallen, die zuvor bei einer rigideren Anwendung der invasiven Tests nicht erfasst worden sind.

     

    Hinzu kommt, dass in "Zeifelsfällen" nach dem "neuen" Test ggf. noch der "alte" nachgeschoben wird, mit den vorgenannten Konsequenzen.

     

    Wie gesagt, dies gilt prinzipiell für die Anwendung aller vergleichbarer Test in der Medizin. Durch die Besonderheit der Diskussion um die Pränataldiagnostik, insbesondere die ethischen Komponenten, lohnt sich an dieser Stelle auch ein genauerer methodischer Blick. Dies wie gesagt nur als Einstieg.

     

    Dr. med. Dr. PH habil. Reinhard Bornemann

    Vertr.-Prof. für Sozialmedizin

    FH Bielefeld

  • P
    Pandamädchen

    Es war ja nur eine Frage der Zeit, bis es soweit kommt, dass das Abort-Risiko bei Pränataldiagnostik nicht mehr besteht und alle Dämme brechen. Liebe taz, warum nicht auch mal einen kritischen Artikel hierzu? Die Aussonderung behinderter Menschen ist faschistoid (damit meine ich nicht die betroffenen, verängstigten Mütter, sondern die gesellschaftliche Tendenz. Wehre den Anfängen!

  • CB
    christoph bresch

    schön, dass die pränataldiagnostik bald noch billiger und ungefährlicher wird. dann können wir die menschen mit erkennbarer genetischer normabweichung bald noch verlässlicher ausrotten - und ersparen uns die qual, behinderte menschen ansehen oder gar großziehen zu müssen; billiger als sondereinrichtungen, moralisch scheinbar vertretbarer als die euthanasie der nazis. danke wissenschaft