Beschränkung der Kunstfreiheit in Kuba: Kubanische Rolle rückwärts

Ley 349 heißt das Gesetz, mit dem die kubanische Regierung die Kunstfreiheit beschneiden will. Der Protest unabhängiger Künstler geht weiter.

Straßenkünstler am Malecon in Havanna

Straßenkünstler am Malecon in Havanna Foto: dpa

Am 7. Dezember ist das Gesetz 349 offiziell in Kraft getreten. Doch die Anwendung des Gesetzes, das zahlreiche Paragrafen beinhaltet, die die Freiheit der Kunst einschränken, soll, so der amtierende Kulturminister Alpidio Alonso, nur „graduell und im Konsens“ erfolgen. Zielrichtung des Gesetzes, so der Minister am Freitagabend im kubanischen Fernsehen, sei, „der Vulgarität, dem schlechten Geschmack, der unbefugten Berufsausübung und der Mittelmäßigkeit“ Einhalt zu gebieten.

Doch wer genau das definiert, darüber gab der Minister keine Auskunft. Er war bemüht, die Debatte über das Gesetz in ruhigeres Fahrwasser zu lenken, scheute aber die direkte Auseinandersetzung mit den Kritikern. Die waren nicht geladen zum „runden Tisch“ im Studio von Cubavisión, obwohl sie seit der Vorstellung des Gesetzes am 10. Juli in der Gaceta oficial, dem offiziellen Mitteilungsblatt der Regierung, dagegen protestiert hatten. Mit offiziellen Eingaben beim Parlament und dem Kulturministerium, aber auch mit Performances, Konzerten und Lesungen.

Zuletzt mit Aktionen vor dem Kulturministerium in Havanna, wobei mehrere Aktivisten, darunter auch die international bekannte Performance-Künstlerin Tania Bruguera, festgenommen wurden. Für Bruguera, die erst vor Kurzem mit einer Ausstellung in der Tate Modern in London große Öffentlichkeit hatte, verwandelt das Gesetz 349 „Kunst in ein Verbrechen“. Kunst werde kriminalisiert, das Gesetz biete der Regierung Handhabe, Kunst im privaten Raum zu unterbinden. Das hat die Künstlerin, die in der Altstadt von Havanna in ihrem Privathaus das Instituto de Artivismo Hannah Arendt (Institut für Kunstaktivismus Hannah ­Arendt) gegründet hat, bereits am eigenen Leib erfahren.

Kritik überwiegt

Drei Inspektoren des Kulturministeriums wurden bei ihr im April vorstellig und erklärten das Institut für illegal. Bruguera habe angeblich Geld von einem dubiosen Magnaten angenommen, obwohl die Finanzierung über Crowdfunding erfolgte und auf der Homepage dokumentiert ist. „Mir wurde eine Geldstrafe von 2.000 Peso nacional aufgebrummt“, so Bruguera, die sich sicher ist, dass das Vorgehen bereits auf das Gesetz 349 zurückging.

Kein Zufall, denn da sind Geldstrafen von bis zu 2.000 Peso nacional (umgerechnet 80 US-Dollar) vorgesehen, wenn gegen die Bestimmungen des Gesetzes verstoßen wird. Die sind vielfältig – und hängen von der Interpretation der Behörden ab.

Das kritisieren zahlreiche Künstler, so auch der Dokumentarfilmer Michel Matos, als „inakzeptabel“. Aber auch Silvio Rodríguez, regierungsnaher Liedermacher und Protagonist der „Nue­va Trova“, meint, das Gesetz habe ein „Erdbeben in der Künstlergemeinde der Insel ausgelöst“. Von wenigen „ausgekocht“, wäre es besser gewesen, es mit den Künstlern zu diskutieren, mahnte der Sänger in seinem Blog. Zwar gibt es auch Stimmen, die für das Gesetz 349 eintreten, wie der Jazz-Saxofonist César López, dem die Vulgarismen der Reggae­tón-Interpreten auf die Nerven gehen, aber die Stimmen gegen das Gesetz, welches den Behörden weitreichende Handhaben liefert, überwiegen.

Künftiger Umgang ist ungewiss

Genau das hat die Regierung in Havanna anscheinend nicht erwartet. Schon am 6. Dezember erklärte Fer­nan­do Rojas, Vizekulturminister der Insel, dass die Regierung an einer Ergänzung des Gesetzes arbeite, welche auf die „Sorgen und Ängste Bezug nehmen werde“. Damit deutet sich eine Rolle rückwärts der Offiziellen an. Wie weit die gehen wird, ist bisher jedoch unklar.

Genau deshalb sollen die Proteste und Aktionen gegen das Gesetz weitergehen, so Amaury Pacheco. Der Performance-Künstler von „Omni Zona Franca“, der mit Tania Bruguera verhaftet worden war, gehört zu den rund 15 Künstlern, die den Protest der letzten Monate organisiert hatten. Für ihn ist das Gesetz 349 mittlerweile gültig und genau das sei ein Problem. Wer wisse denn schon, wie ein zukünftiger Minister damit umgehe?

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