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Beschluss der BürgerschaftHamburger dürfen ab 16 wählen

Als drittes Bundesland lässt Hamburg künftig 16-Jährige bei Wahlen auf Landesebene zu. Voraus ging eine zum Teil hitzige Debatte.

Bald mehr Sneakers in der Wahlkabine? Bild: ap

HAMBURG dpa | Ein letztes Mal wurde wortgewaltig gestritten, dann war der wegweisende Beschluss gefasst: Nach monatelangen Diskussionen hat die Hamburger Bürgerschaft das Wahlrecht ab 16 eingeführt. Bereits in gut neun Monaten beim geplanten Volksentscheid über den Rückkauf der Energienetze können 16- und 17-Jährige die Politik in der Hansestadt mitgestalten – zuvor sollen sie etwa in der Schule über ihre neuen Partizipationsmöglichkeiten informiert werden.

Jugendlichen sollte das demokratische Recht gegeben werden, für ihre Interessen einzutreten, sagte die Verfassungsexpertin der SPD-Fraktion, Bärbel Duden, am späten Mittwochabend. „Im Fokus stehen vor allem die Erstwählerinnen und Erstwähler, die durch spezielle Unterrichtseinheiten gut auf die Wahlen vorbereitet werden sollen“, ergänzte die kinder- und jugendpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Christiane Blömeke. Gemeinsam mit den Linken kamen SPD und Grüne auf die benötigte Zweidrittelmehrheit. Zudem votierten einige Parlamentarier der FDP für die Reform.

Direkt vor der finalen Abstimmung hatte der FDP-Abgeordnete Robert Bläsing bemängelt, dass alle anderen Fraktionen geschlossen mit Ja oder Nein (CDU) votierten, anstatt ihren Mitgliedern die völlig freie Gewissenswahl zu lassen. Damit sei die Chance auf eine Sternstunde des Parlaments verpasst worden, sagte er.

In der 50-minütigen Debatte wurden nochmals die bekannten Positionen ausgetauscht. Hitzig wurde es, als Walter Scheuerl, parteiloses Mitglied der CDU-Fraktion, davor warnte, dass die rechtsextreme NPD von der Absenkung des Wahlalters profitieren könnte und dies als Gegenargument anführte. Politiker von SPD, Grünen und Linken wiesen dies empört als „populistisch“ zurück.

Die zweite Wahlrechtsänderung passierte deutlich geräuschloser die Bürgerschaft: die Verlängerung der Wahlperiode von vier auf fünf Jahre. Somit werden die Hamburger nach der nächsten Bürgerschaftswahl 2015 erst wieder 2020 zur Stimmabgabe aufgerufen. Bremen ist damit das einzige Land, in dem noch im Vier-Jahres-Rhythmus gewählt wird. In allen anderen Bundesländern dauert die Legislaturperiode fünf Jahre.

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9 Kommentare

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  • V
    Vorsicht

    In Österreich ist der Schuss nach hinten los gegangen.

     

    Die 16 bis 18-jährigen wählen zu 1/3 rechts.

     

    Die SPÖ hat´s umgesetzt, Gewinner war die FPÖ.

     

    Auch pro etablierte Schulindoktrination hatte nicht geholfen.

     

    In Niedersachsen gab es eine Jugendwahl in Schulen in der die NPD auf 4,9% kam. Auch andere Nichtetablierte Parteien wurden in Erwägung gezogen.

     

    Generell halte ich es für besser, wenn Lehrer keine politische Bildung betreiben. Ich bin froh, dass ich in einer politisch neutralen Schule war.

     

    Ich hoffe wenn ich Kinder habe, dass ich sowas noch finden kann.

  • B
    Blub-Hubbard

    Das der Blub KiK Anwalt Walter Scheuerl überhaupt zu so einem Thema etwas sagen kann, ist beachtlich und echt schräg.

    Wer lancierte an die Blödzzeitung den Lebenslauf eines Beamten?

    Walter Scheuerl deutet mit der NPD folgendes an. Die Minderwertigen haben mehr Kinder und Hamburg ist nicht Indien wo die Kinder in Fabriken für Kik und Konsorten arbeiten oder verbrennen sollen.

     

    Natürlich will die gezielte politische Propaganda direkt in die Schulen, an die Schüler. Dinges-Dierig und ihre Werbung in Schulen.

    Solange die Bundeswehr in Schulen Wehrunterricht gibt, wird das mit der politisch neutralen Willensbildung nix.

    Schade das die jugendlichen Gehirne jeden Tag mehr versaut werden. Politisierte Kindergehirne!?

    Die sollten mal lieber in Ruhe lernen.

    Zu allen Zeiten waren Kinder eine beliebte Zielgruppe für Diktatoren und Religionen.

    Gerade Kinder/Jugendliche sind die beliebteste Zielgruppe der Werbeindustrie die in Hamburg von der WallAG direkt am Straßenrand die Alleinstellung haben.

    Der peinlicher Feierabendsenat, vernünftige Politik sieht anderes aus.

    Z.B. Unverzügliche Abwahl bestimmter Politiker, UNCAC etc. Das wäre demokratisch.

     

    Je mehr Bürgerbegehren desto unfähiger die Politik? Was sagt "Mehr Demokratie"?

    @Sikasuu Sie haben recht.

  • D
    D.J.

    Wahlrecht mit 16, Jugendtrafrecht bis 21? Habt ihr sie eigentlich noch alle?

  • R
    R.J

    Vielleicht ist die Herabsetzung des Wahlberechtigungsalters ein Fortschritt - man darf aber auch zweifeln.

     

    Doch die Verlängerung der Zeit, in der man seine vielleicht getroffene Wahlentscheidung bereuen darf, kann die dazu führen, es sich zweimal zu überlegen, wem man seine Stimme gibt?

  • S
    Supi

    ''Hitzig wurde es, als Walter Scheuerl, parteiloses Mitglied der CDU-Fraktion, davor warnte, dass die rechtsextreme NPD von der Absenkung des Wahlalters profitieren könnte und dies als Gegenargument anführte.''

     

    Nicht nur wird die CDU-Fraktion von den neuen Jungwählern am wenigsten profitieren, Herr Scheuerl ist auch noch Lobbyist der Massentierhalter und nutzt seine Position in der Bürgerschaft um Tierschutzgesetze zu torpedieren. Auch das ist eine Position, die bei den 16- bis 18-jährigen noch schlechter wegkommt als im Rest der Bevölkerung.

     

    Aber Herr Scheuerl will doch nur eine Stärkung der NPD verhindern ... ist klar, 'ne?!

  • G
    gerstenmeyer

    na super,dann trägt die erziehung in schulen und öffentlichen diensten ihre früchte-gute nacht cdu/fdp

  • WB
    Wolfgang Banse

    Es ist zu begrüßen,dass das Wahlrecht in der Hansestadt Hamburg auf das 16.Lebensjahr herunter gesetzt worden ist.

  • S
    spiritofbee

    Das könnte ja richtig spannend werden im politischen Lager, bzw im ganzen Land. Vor allem wenn sich unser Bildungssytem denn endlich mal an den Erkenntnissen der aktuellen Hirnforschung ( zBsp Manfred Spitzer oder Gerald Hüther ) orientiert und Kinder auf dem Weg zu selbstbewußten Staatsbürgern begleitet.

  • S
    Sikasuu

    Wahlrecht auf der Ebene des Taschengeldparagrafen!

    .

    Deutlicher konnten es Politiker wohl nicht zeigen, wie ernst sie das Wahlrecht nehmen.:-((

    .

    Freu mich schon auf die ersten Wahlanfechtungen unter dem Thema:

    .

    "Papa hat mir Stubenarrest gegeben, ich konnte nicht wahlen....!"

    oder

    .

    "Meine Kind ist nicht geschäftfähig, im Rahmen meines Sorgerechts anulliere ich Ihre Stimme und ändere damit die Mehrheiten!!"

    .

    bzw.

    "Briefwahl haben die Eltern gemacht! Ich hätte ganz anders abgestimmt!"

    .

    Rechte ohne Plichten d.h. ohne Verantwortung für diese Entscheidung machen unsere Gesellschaftsordnung zum Witz!

    .

    Wahlrecht mit 16? Ok, dann aber bundesweit aktives, passives Wahlrecht für ALLE Ämter und Herabsetzung der Volljährigkeit/Geschäftfähigkeit/Strafmündigkeit um 2 Jahre.

    .

    Kopschüttelnde Gruesse

    .

    Ich freue mich schon auf einen 16 jährigen Bundespräsidenten. Der hat dann mit 20 "die Rente durch"!