Bescheidene 140 Millionen Euro

FUSSBALL Der Ausflug des FC Bayern München in die USA ist nur der Höhepunkt verstärkter Bemühungen der Bundesliga um Auslandsmärkte – auch andere Klubs reisen gern

Ein Fördertopf der DFL sorgt für immer mehr Fernweh der Vereine in der Vorbereitung

VON FRANK HELLMANN

Wer einmal Jörg Wacker über den US-Markt referieren gehört hat, der konnte mitunter ein Dollarzeichen in seinen Augen erkennen. Einer seiner Lieblingssätze geht so: „Unsere Wurzeln sind München, Bayern und Deutschland – und dennoch müssen wir uns der internationalen Herausforderung stellen.“ Der smarte Manager, der in seinem Berufsleben bereits als Sport1-Geschäftsführer, Programmdirektor von bild.de oder Deutschland-Chef bei bwin gearbeitet hat, besetzt seit einem Jahr beim FC Bayern den Vorstandsposten für Internationalisierung und Strategie, aber so hohen Redeanteil wie in diesen Tagen erhielt der 46-Jährige noch nicht. Denn dass der Branchenführer von München nach New York und dann weiter an die Westküste nach Portland jettete, um am Mittwoch gegen ein All-Star-Team der Major League Soccer (MLS) anzutreten, fällt in seinen Zuständigkeitsbereich.

„Über 300 Millionen Menschen leben in den USA, davon 60 Millionen Fußballinteressierte und über 15 Millionen Bayern-Interessierte“, rechnet Wacker vor, „neben China sind die USA unser wichtigstes Feld.“ Dazu ist am Samstag im 21. Stock eines Wolkenkratzers in Manhattan ein eigenes Büro des FC Bayern eröffnet worden, und dafür wird den Weltmeistern und WM-Fahrern jetzt einiges abverlangt: Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger und Mario Götze, Arjen Robben oder Dante werden direkt nach ihrem Urlaubsende fast 9.000 Kilometer über den Atlantik in den Bundesstaat Oregon gebracht, um danach gleich wieder die Heimreise anzutreten.

Was tut man nicht alles, um einen umkämpften Wachstumsmarkt zu bespielen. Immerhin: Trainer Pep Guardiola kennt es aus seiner Zeit beim FC Barcelona nicht anders, dass die Vorbereitung nicht allein nach sportlichen Erfordernissen, sondern auch nach wirtschaftlichen Notwendigkeiten ausgerichtet wird.

Die Konkurrenz ist aber stark, wie beim Vorbereitungsturnier mit dem wohlklingenden Namen International Champions Cup gerade demonstriert wird. Am Samstag strömten zum Duell Manchester United gegen Real Madrid 109.318 Zuschauern ins Michigan Stadium. Der US-Sender NBC soll 190 Millionen Euro jährlich für die Fernsehrechte an der englischen Premier League bezahlen, die insgesamt die nächsten drei Jahre unglaubliche 2,75 Milliarden Euro aus der Auslandsvermarktung einnimmt. Dagegen nehmen sich die Minimum 140 Millionen Euro, die sich die Deutsche Fußball Liga (DFL) ab der Lizenzperiode 2015/2016 zum jährlichen Ziel gesetzt hat, beinahe bescheiden aus. Immerhin hat die Bundesliga in den USA den Fuß in der Tür: Als Meilenstein gilt der ab 2015/16 gültige Kontrakt mit 21st Century Fox, mit dem dann 90 Millionen US-Haushalte erreicht werden.

Der vierte WM-Titel Deutschlands gibt den Ambitionen genau zum richtigen Zeitpunkt Rückenwind. „Dass der US-Markt durch die WM noch mal einen Boost bekommt – umso besser“, frohlockt Wacker. Einig sind sich alle: Präsenz ist durch nichts zu ersetzen. Deshalb pflegen der Ligaverband und seine Vereine einen Doppelpass: Die DFL hält bei den Auslandsreisen in die elf zentralen Zielmärkte einen mit 1,5 Millionen Euro gefüllten Fördertopf bereit, wobei sich die Zuschüsse nach Reiseziel und Marktwert des Klubs richten. Maximal sind bis zu 300.000 Euro Prämie möglich. Die DFL schickt niemand irgendwohin, leistet aber Unterstützung.

So erklärt sich auch das Fernweh mancher Klubs in der langen Vorbereitungsphase. Nach Saisonschluss unternahm die TSG Hoffenheim bereits eine Indien-Rundreise, in die auch die Softwarefirma SAP eingebunden war. Neuland betrat der SV Werder, der Anfang Juli erstmals in China vorstellig wurde, um bei einem geförderten Trip für sich und die Liga zu werben. „Was ich in China registriert habe: Der deutsche Fußball ist hoch angesehen“, erzählt Geschäftsführer Thomas Eichin, „doch man konnte auch sehen, wie wichtig es ist, diese Euphorie clever zu managen.“ Denn die zuständige chinesische Agentur hatte die Eintrittspreise auf Bundesliga-Niveau festgesetzt. Eichin: „Es war klar, dass diese Kalkulation bei unseren Auftritten fehlschlagen würde.“ Freundschaftsspiele vor vielen leeren Rängen waren auch Erfahrungen, die der Anfang Juli im chinesischen Guangzhou vorspielende Hamburger SV oder die Ende Juli in die südkoreanische Hauptstadt Seoul geflogene Werkself von Bayer Leverkusen machten. Noch hat das Weltmeisterland dicke Bretter zu bohren, um die teils gewaltigen Lücken auf dem internationalen Terrain zu schließen.