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Berufsbedingte Dummheit

betr.: „Als Karl-Heinz Stockhausen der Verführung Luzifers erlag“, taz vom 19. 9. 01

Auch ein Musiker kann mal seiner déformation professionelle erliegen, wenn das Getöse von einstürzenden Hochbauten in seine Hörwelt dringt. Wenn er gefragt wird, kann er nur die ihm vertrauten Kategorien anlegen. Nicht viel anders machts doch auch ein Sozialkunde-, Religions- oder gar Physiklehrer, der das Geschehen für seine Schüler „aufbereitet“. Stockhausens Äußerungen sind allerdings denen eines Berufspiloten vergleichbar, der fachmännisch die Präzision der Anflüge auf das WTC rühmt.

GERD BROGI, Köln

Alles ist Kunst, so stellte es ein Grünen-Mitbegründer in den 70ern zur Diskussion. Hat sich damals irgendjemand von den Linken darüber beschwert? Erst als Otto Mühl auf einer Bühne Hühner und Schweine schlachtete und dies als Kunst deklarierte, begann ein Nachdenken über die realen Auswirkungen solcherlei Kunstdefinition. Kunst ist Botschaft auf Grundlage von Sendebewusstsein mit dem Ziel des Nachdenkens und Rückerinnerns, so viel blieb bei mir aus dieser Zeit noch hängen.

Mit der Sprengung der Götzen in Afghanistan wurde Kunst zerstört, deren Symbolkraft dadurch vernichtet werden sollte. Bei dem Anschlag auf das WTC erkenne ich denselben Hintergrund, die Zerstörung eines kapitalistischen Kunstwerks zu dem Preis eines Massenmordes.

Bei der Person von Herrn Stockhausen sollte berücksichtigt werden, dass dieser Mensch auf einem vollkommen anderen Level lebt als unsereins. Er verkörpert die Kunst insoweit, als alles, was er von sich gibt, als Kunst gesehen werden muss. Somit ist die Botschaft nicht unbedingt die Aussage, sondern einer Interpretation zu unterwerfen.

Stockhausen als Sympathisant darzustellen, ist falsch und an seinen Reaktionen ist zu erkennen, dass er falsch interpretiert wurde. Stockhausen ist Künstler, nicht Politiker, bei denen die Aussage auch immer gleich als Botschaft zu verstehen ist. Halten wir uns also nicht mit der Kunstdefinition auf, sondern widersprechen eher unseren Politikern, die gerade dabei sind, das Falsche zu tun, was wesentlich verheerender ist, als das Falsche zu denken. PETER GABLER, Bruchweiler

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