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■ Frauenstraßennahmen – Wer war'sBerühmt Bescheiden

Die Bescheidenheit der Helene Kaisen wurde der Nachwelt nicht nur anläßlich ihres 70sten Geburtstags überliefert: „Wir hätten sie gerne als Abgeordnete in der Bürgerschaft gesehen“, bedauerte eine Parlamentarierin der Bremischen Nationalversammlung. „Aber Helene Kaisen trat immer hinter ihrem Manne zurück“. Die Bescheidenheit der Frau muß auch die Wahl der Straße beeinflußt haben, die man nach ihr benannte. Während man nämlich ihrem Mann, dem Bürgermeister Wilhelm Kaisen mit der großen Brücke über die Weser gedachte, reservierte man der Frau den schnörkelig bescheidenen Helene-Kaisen-Weg.

Den bekam die Sozialdemokratin und Frauenwahl-Rechtlerin durch ihr ganz eigenes Wirken zugesprochen, die – ausgenommen die Jahre der Nazi-Diktatur - bis ins hohe Alter in politischen und sozialen Einrichtungen aktiv war. In der Arbeiterwohlfahrt und dem Bremer Frauenausschuß galt sie als einflußreiche Person.

Zur Sozialdemokratischen Partei war die geborene Helene Schweida schon über das Elternhaus gekommen. Aber früh nahm die junge Frau eine für ihre Zeit und für ihr Geschlecht ungewöhnliche Entwicklung. Nach der Ausbildung zur Buchhalterin wurde sie schon mit 23 Jahren zur Beisitzerin in den SPD-Vorstand gewählt – gerade vier Jahre, nachdem Frauen überhaupt in politische Parteien eintreten durften.

Zwar gab mit der Gründung der Familie politische Pflichten zunehmend ab, doch stand Helene Kaisen stets für eine eigene politische Meinung: Sie gehörte zum linken Flügel der SPD und setzte sich 1916 mit Rosa Luxemburg gegen die Bewilligung der Kriegskredite ein. Während der Kriegsjahre machte sie sich die Not der Arbeiterfamilien zu eigen und wies auf die schwierigen Bedingungen der Frauen in der Familie hin. ede

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