Bernd Pickert über Trumps Probleme beim Regieren: Mimimi zur Morgenstund
Wenn US-Präsident Donald Trump in den frühen Washingtoner Morgenstunden in mehreren aufeinanderfolgenden Tweets über die angeblich unfaire Berichterstattung jammert, ist das immer ein untrügliches Zeichen dafür, dass er wirklich in Schwierigkeiten ist. Dabei hätte es seine Mimimi-Tiraden am Mittwoch gar nicht gebraucht: Es ist ohnehin offensichtlich, dass es für Trump derzeit gar nicht gut läuft.
Der konservative Kommentator Charles Krauthammer hat recht, wenn er sagt, dass die Bedeutung der gescheiterten Rücknahme von Obamas Gesundheitsreform letzte Woche nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Trump, der große Dealmaker, der alle dazu bringt, nach seiner Pfeife zu tanzen – wer das geglaubt hat, weiß jetzt, wie hohl diese Phrase ist.
Die gescheiterte Abstimmung hat Folgen: Auch Trumps nächstes Großprojekt, die Steuerreform, wird jetzt – wenn überhaupt – nur noch stark abgeschwächt durch den Kongress zu bringen sein. Dass er eine Mehrheit dafür findet, Milliarden US-Dollar ins Militär und eine vollkommen sinnlose Mauer an der mexikanischen Grenze zu stecken und dafür wichtige Ausgabenbereiche zusammenzukürzen, erscheint derzeit ebenfalls unvorstellbar. Und eines der republikanischen Kernanliegen, die Bestätigung des konservativen Richters Neil Gorsuch für den Obersten Gerichtshof, droht an der demokratischen Sperrminorität zu scheitern.
Nun wäre es sicher unfair, Trump nur nach dem zu beurteilen, was er durch den Kongress bringt – sein Vorgänger scheiterte jahrelang an den Republikanern. Der sich selbst blockierende Kongress war da ein Reformhindernis – jetzt bewahrt er die USA vor dem schlimmsten Unsinn. Nur: Trump regiert mit eigener Mehrheit, und da zeugt es schon von außerordentlicher politischer Inkompetenz, auf so vielen Ebenen gleichzeitig nichts hinzubekommen. Man wartet noch auf den Tweet, „niemand“ habe gewusst, wie kompliziert das Regieren sei.
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