Berliner Wochenkommentar I: Schnell mal vor die Tür gesetzt

Innensenator Andreas Geisel entlässt Polizeipräsident Klaus Kandt.

Die Arbeit los

Entlassen als Polizeipräsident: Klaus Kandt

In den sozialen Netzwerken der Polizei kursiert zurzeit ein Foto. Es zeigt, wie Klaus Kandt gefaltete Umzugskartons in die Polizeibehörde schleppt. Am Montag hatte Innensenator Andreas Geisel (SPD) den Polizeipräsidenten fristlos entlassen. Beobachter der Polizei haben das seit Längerem erwartet, Kandt selbst hatte damit überhaupt nicht gerechnet.

Auf dem Foto, das heimlich aufgenommen wurde, wirkt Kandt wie ein geprügelter Hund, der von seinem Herrn vor die Tür gesetzt worden ist. Einen etwas würdigeren Abgang hätte man ihm schon gewünscht. Das ändert aber nichts daran, dass Geisels Entscheidung richtig ist.

Es sind nicht nur die Versäumnisse im Fall des islamistischen Attentäters vom Breitscheidplatz Anis Amri und die Zustände in der Polizeiakademie, weshalb der Schnitt nötig war. Ein Neuanfang bei der Polizei lässt sich mit einem Klaus Kandt nicht verkaufen. Denn dass die Behörde heute so schlecht dasteht, ist schließlich auch seine Schuld: mangelndes Personal, Ausrüstung veraltet, Dienstgebäude und Trainingsanlagen verrottet. Aber gegen die politisch Verantwortlichen, sprich den Dienstherrn, aufzumucken, ist nicht Kandts Stil.

Schon als er 2012 von der Bundespolizei vom damaligen CDU-Innensenator Frank Henkel ins Amt geholt wurde, eilte Kandt der Ruf voraus, ein Zauderer zu sein. Besser als ein Hardliner, dachte man sich da. Kandt und Henkel – das war ein enges Paar. Dass Kandt seinem neuen Dienstherrn Geisel ebenso treu ergeben gewesen ist, ändert nichts an der Tatsache, dass sich in der Öffentlichkeit das Bild festgesetzt hat: Kandt ist Henkels Buddy.

Dazu kommt: Die Stimmung in der 22.000 Mitarbeiter zählenden Behörde ist denkbar schlecht. Mit fast allen Führungskräften der Direktionen, mit Personalratsvertretern und den Polizeigewerkschaften hätten sich Kandt und die Polizeivizepräsidentin Margarete Koppers überworfen, heißt es. Die resolute Koppers sei in der Polizeiführung der Spiritus Rector gewesen, Kandt ihr Schatten. Weil die 54-jährige Juristin nun am 1. März zur Generalstaatsanwältin von Berlin ernannt wurde, wäre es um Kandt ziemlich einsam geworden.

Der Zeitpunkt, den Polizeipräsidenten aus dem Rennen zu nehmen, hätte günstiger nicht sein können. Rund 40 Millionen Euro hat die rot-rot-grüne Landesregierung für eine Ausrüstungsoffensive bereitgestellt. Mit zwei neuen Gesichtern an der Spitze wird der Neuanfang nun komplettiert. Dass Kandt die Entwicklung nicht kommen sah, zeigt, wie sehr er sich selbst überschätzt hat und in einer Blase lebte. Jederzeit ohne Angabe von Gründen die Koffer packen zu müssen – das ist nun mal die Bestimmung des politischen Beamten. Plutonia Plarre

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