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Berliner Volksinitiative für ein RauchverbotRauchgegner machen Wind

Beflügelt vom Erfolg in Bayern, will ein Bündnis mit einer Volksinitiative auch hierzulande den Nichtraucherschutz stärken. Politik übt sich gleichwohl in Zurückhaltung.

Frische Luft, hier leicht nikotingeschwängert Bild: dpa

Glaubt man Berlins Nichtraucherschutz-Aktivisten, weht bald ein reinigender Wind durch die verqualmten Kneipen der Stadt: Gestern präsentierten Vertreter von drei Organisationen die Volksinitiative "Frische Luft für Berlin". Sie soll, so hofft das Bündnis, die Politik dazu bewegen, eine härtere Gangart im Nichtraucherschutz durchzusetzen: bayerische Vehältnisse.

Bei der Volksinitiative geht es um die Sammlung von mindestens 20.000 Unterschriften unter einen knappen Forderungskatalog: Alle Ausnahmen in der Gastronomie sollen fallen, zudem soll das Qualmen auf Spielplätzen verboten werden. Kommen genug Unterschriften zusammen, muss sich das Parlament mit dem Thema befassen.

"Wenn wir Erfolg haben, erwarte ich, dass eine der Fraktionen die Gesetzesänderung auf den Weg bringt", sagte Johannes Spatz vom Forum Rauchfrei bei der Vorstellung der Initiative. Vorstellbar sei, dass dies die Grünen im Falle einer Regierungsbeteiligung täten. Auf jeden Fall versprechen sich die Aktivisten, dass die Initiative den Nichtraucherschutz zum "Top-Thema" im Wahlkampf erhebt.

Einen Motivationsschub erhielten die Tabakgegner durch den Erfolg des bayerischen Volksentscheids am 4. Juli: "Wir haben gefeiert", sagte Laura Hoffmann vom Verein Pro Rauchfrei, die betonte, es gehe dennoch nicht darum, Raucher zu quälen. Die könnten in ihren vier Wänden "machen, was sie wollen". Entscheidend sei der Schutz der Nichtraucher, insbesondere unter den Angestellten gastronomischer Betriebe: "Der Arbeitsmarkt gibt nicht her, dass jemand einfach anderswo arbeiten geht, wenn ihn der Rauch stört."

Wolfgang Behrens vom Nichtraucherbund bemängelte, die aktuelle Liste der Ausnahmen sei länger als der Gesetzestext.

Die Situation in Berlin ist ein Kompromiss: Das 2007 verabschiedete Nichtraucherschutzgesetz wurde nach einem Urteil des Bundesverfassunggerichts vom Juli 2008 aufgeweicht. Seitdem darf auch in Einraum-Kneipen wieder gequarzt werden.

Die Initiatoren sind optimistisch, deutlich mehr als 20.000 Unterzeichner gewinnen zu können. Von den Fraktionen im Abgeordnetenhaus schlagen sich hingegen nur die Grünen klar auf die Seite der Initiative. Die gesundheitspolitische Sprecherin Heidi Kosche sagte der taz, sie halte eine Verschärfung der bestehenden Gesetze für sinnvoll und in ihrer Partei für mehrheitsfähig. Skeptischer klang ihr SPD-Kollege. Thomas Isenberg hält den Ist-Zustand bereits für einen "Meilenstein", will aber die Vertreter der Volksinitiative zu einem Gespräch in die Fraktion einladen.

Wolfgang Albers von der Linken schließlich erwartet sich weitere Verbesserungen nicht von schärferen Gesetzen, sondern nur von Aufklärung.

Im unwahrscheinlichen Fall einer schwarz dominierten Parlamentsmehrheit ab 2011 sähe es für die Initiative ganz trübe aus: Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Fraktion Mario Czaja sieht schlicht und einfach "keine Notwendigkeit, die Gesetzeslage zu verändern": "Wir unterstützen diese Initiative nicht."

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14 Kommentare

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  • W
    walter

    Stell dir vor, es ist rauchfrei und keiner stinkt.

    Oder stell dir vor, man raucht und belästigt niemand gegen dessen Willen.

  • T
    TheBastian

    @ Alfred E.

     

    Stell dir vor es ist rauchfrei und die Nichtraucher gehen wieder aus!

  • AE
    Alfred E.

    Wollt Ihr die total "rauchfreie" Gastronomie?

    80 oder 90% "rauchfrei" reichen ja anscheinend nicht.

    Wie dem auch sei: Sollte sich dieser hanebüchene Trend fortsetzen, so wird sich die Gastronomie auch hierzulande deutlich "gesundschrumpfen" (wie z.B. in Irland, wo es ja sooo gut klappt, dass 1/4 der Gastronomiebetriebe alle Viere von sich gestreckt haben, derweil die Raucherquote und der Anteil geschmuggelter Zigaretten Höchststände erreichen).

    Ich persönlich habe bislang keine Verbotsgastronomie frequentiert. Und ich würde auch dann nicht damit anfangen, wenn es keine andere mehr gäbe.

    Stell' Dir vor, es ist "rauchfrei", und keiner geht hin.

  • T
    TheBastian

    @ Horst

    Tolles Argument: den Gegner ins Lächerliche ziehen...

    Ich hatte im Sommer beim Volksentscheid in Bayern mitgeholfen. Unser Stand war auf dem alternativen Tollwood-Festival aufgebaut. Die Hippies räumten uns einen Platz ein und begrüßen uns, während die größtenteils gekauften "Aktivisten" der Gegenseite nicht auf das Gelände durften. War zwar auch nicht ganz demokratisch, aber es zeigte, dass die Alternativen und die Hippies ganz klar auf unserer Seite standen.

    Im Übrigen gab es erstaunlich viele junge Leute, die bei dieser echten Graswurzelbewegung mit dabei waren. Und nein, es waren bestimmt nicht alles Abstinenzler, sondern Leute die es auch satt hatten, dass nach 22 Uhr der Ascher wieder rausgestellt wurde. Stell dir vor, da waren sogar Jazzmusiker dabei, welche einfach keinen Bock mehr hatten in verrauchten Kneipen keine Stimme bzw. kein Atem mehr haben. Man möge sich doch bitte bei Facebook die Mitglieder der Gruppe Volksbegehren

    "Für echten Nichtraucherschutz!" anschauen. Alles Langweiler und müde Rentner? Mitnichten!

    @ Kai aus Westfalen

    danke, dass du mich aufklärst darüber, dass uns ein Onanieverbot droht. Und dabei hatte ich mich schon so darauf gefreut, nach einem Rauchverbot mehr Atem und Ausdauer beim Sex zu haben und zu Hause auch einfach nur mal wieder besser wixen zu können. So ein Mist aber auch. :-(

  • H
    Horst

    Schaut man sich auf der Website dieser Antiraucherfraktion um, dann sieht man die Protagonisten... (Ein Haufen wilder lebenslustiger Hippies)

     

    Traurig, dass eine Minderheit (von Kneipenbesuchern) glaubt, der Mehrheit (der Kneipenbesucher) Vorschriften machen zu können.

  • S
    Sebastian

    Unverschämtheit! Rauchen ist doch eine sehr wichtige Freude im Leben, gleich neben dem Saufen! Sowas darf man nicht verbieten! Ich fordere 50€ für Tabak und Alkohol für jeden Hartzi bar auf die Kralle!

  • KA
    Kai aus Westfalen

    Was kommt als nächtes Alkoholverbot oder Onarnieverbot?

    Gesetze, die man nicht durchsetzen kann machen den Staat nur lächerlich. Das Gleiche gilt auch für Cannabis, Glücksspiel etc. .

  • E
    EnzoAduro

    Ich bin Nichtraucher und war sehr für die verschärfungen, die jahrzehnte zu spät kamen. Das war ein Skandal! Immer hat man nach dem Samstag total nach diesem Kippen gestunken.

    Aber die aktuelle Regelung finde ich fair. Ich stinke Sonntagsmorgends auch nicht mehr so sehr. Warum sollte man die Raucher weiter einschränken? Wir haben doch bereits was wir brauchen.

     

    Raucher zahlen mehr Steuern, die gleichen Rentenversicherungsbeiträge, die gleichen Krankenkassenbeiträge aber bekommen kaum Rente ausbezahlt und werden nicht Alt genug um teuer für die Krankenkasse zu werden.

     

    Das muss man ja auch betrachten.

     

    Und das in Rentnerrauchereckkneipen geraucht wird stört doch nicht.

  • E
    EnzoAduro

    Eine Gratulation dafür einen Link eingebaut zu haben.

  • D
    drpaul

    Die Politiker sind zu feige, ihren Sonntagsreden über Gesundheit und Leben als wichtigstes Gut auch mal Taten folgen zu lassen. Stattdessen kuschen sie vor der mächtigen Tabak-Lobby und machen Politik für die Manager und Akionäre der großen amerikanischen Tabak-Konzerne, denen sie sich mehr verpflichtet fühlen, als der Gesundheit der eigenen Bevölkerung und dem im Grundgesetz verankerten Recht auf körperliche Unversehrtheit.

     

    Jeder Mensch hat das Recht einen Selbstmord auf Raten zu begehen und die 250 chemischen Giftstoffe in einer Zigarette zu inhalieren wie es im gefällt. Und jeder Mensch hat das Recht sich sein Leben lang von süchtig machenden Drogen abhängig zu machen und dafür auch noch den Euro-Gegenwert eines Einfamilienhauses in Rauch aufzulösen, wenn er meint, das wäre eine sinnvolle investition. ABER das sollen die Menschen bitteschön in ihren eigenen 4 Wänden machen. Wer Drogenabhängigkeit toll findet und wem es Spaß macht an Krebs zu erkranken und jämmerlich daran zu verrecken, hat das Recht dazu! Wenn andere Personen als man selber dabei geschädigt werden, ist das nichts anderes als Körperverletzung und da hört der Spaß eben auf.

  • GG
    günter g.

    Kann ich als Preuße in Bayern nur begrüßen. Berliner wartet nicht länger, fangt an!

  • KI
    Krebsgeschwüren in Berlin

    Selbst die Amis haben es schon lange begriffen! Ich unterstelle deutschen Politikern nicht, dass sie zu blöde sind. Nein, die sind GEKAUFT!

  • FA
    fresh air

    Endlich! Seit dem erfolgreichen Volksbegehren in Bayern

    warte ich darauf, dass es in Berlin auch in Angriff genommem wird, ein wirkliches Nichtraucherschutzgesetz zu bekommen. Ich werde diese Initiative so gut wie es mir möglich ist unterstützen.

  • J
    jaasd

    Naja, da stimme ich der CDU ausnahmsweise ma zu. Für Raucher-Eckkneipen - Gegen grüne Spießer.