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■ Berliner Telegramm"Intelligentes" Wahlverhalten

Auf den ersten Blick ist alles klar: Die SPD ist in Berlin die stärkste Partei und holt neun Direktmandate. Die PDS wiederholt mit vier Direktmandaten ihr Ergebnis von 1994, die Grünen legen leicht zu, und die CDU nähert sich in den Ostbezirken der Nachweisgrenze. Auf den zweiten Blick tauchen jedoch Fragen auf, die nur eine Antwort zulassen: Mehr denn je haben die Berliner Wähler „intelligent“ (Jürgen Trittin) gewählt. Nicht überall taten sie es freilich so, wie es sich der grüne Wahllehrer gewünscht hätte. Im Wahlkreis Mitte/ Prenzlauer Berg etwa kamen die Bündnisgrünen auf 17,3 Prozent der Zweit-, aber nur auf 11,7 Prozent der Erststimmen. Derselbe Abstand von 6 Prozent taucht auch wieder bei der PDS auf. Sie lag mit 33,2 Prozent der Erststimmen vor ihrem Zweitstimmenergebnis von 27,4 Prozent. Anstatt also, wie es Trittin gefordert hatte, mit der Erststimme für Thierse zu stimmen, schien die grüne Wählerklientel mit der Erststimme vielmehr Petra Pau in den Bundestag verholfen zu haben. Taktisch-intelligent haben aber auch die PDS-Wähler im Osten abgestimmt. Während die Gysi-Anhänger in den fünf Ost- Wahlkreisen 1,3 Prozent der Zweitstimmen verloren, verhalfen die Wähler mit ihren Erststimmen wiederum vier Kandidaten direkt in den Bundestag. Offenbar trauten sie ihrer Partei nicht zu, über die Zweitstimme ins Parlament zu kommen, und gaben diese der SPD. Taktisches Stimmensplitting war wohl auch der Grund für den SPD- Wahlerfolg in den Westbezirken. Während die Partei bei den Zweitstimmen um 3,8 Prozent zugelegt hatte, erzielten die SPD-Direktkandidaten weitaus mehr Stimmen. Hier mögen viele Grünen-Wähler ihre Erststimme der SPD geliehen haben. taz

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