Berliner Szenen: Megalodon
FupsFake News
Fup will nicht aufstehen. Es ist Montag. Und montags kommt er besonders schwer aus dem Bett. Er krallt sich an der Decke fest und rollt sich ein wie eine Katze. Also muss ich ihn schultern und in die Küche tragen. Dort wartet auf dem Teller ein getoastetes Weißbrot mit gelber Marmelade. Das Gelb der Marmelade ist wichtig, weil er eine andersfarbige Marmelade nicht essen würde. Er hat sich in eine Strickjacke verkrochen, mümmelt am Toast und gibt Anweisungen wie „Wasser“ oder „mehr“.
Mit dem Auto fahren wir durch den Regen, stecken aber bald im Stau fest. Fup sieht trübsinnig vor sich hin. Ich frage ihn, wann er sein Referat über den Megalodon hält. „Was ist denn das?“, werden Sie sich vielleicht fragen, und genau das habe ich ihn auch gefragt, als Fup vor ein paar Tagen den Namen erwähnte. Inzwischen weiß ich, dass es sich um einen Hai handelt, der 18 Meter lang ist, Wale und Delphine frisst und 276 Zähne hat. Also groß und gefährlich. Aber wie wir in einem Video über den Megalodon erfahren, ist er ausgestorben. Sagen jedenfalls die einen. Andere behaupten, er wäre wieder gesehen worden. Auch Fup behauptet das. Er sagt: „Weißt du, dass der Megalodon unser Auto fressen könnte?“ – „Würde ihm aber nicht bekommen. Zu viel Blech“, sage ich. „Außerdem ist er ausgestorben.“ – „Nein“, sagt Fup, „er hat sogar ein Flugzeug gebissen.“ – „Ein Flugzeug? Wie soll er das denn gemacht haben?“ – „Das Flugzeug ist nur … na ja, zehn Meter oder so, also über dem Wasser, und der Megalodon ist 18 Meter lang.“ – „Wer sagt denn so was?“ – „Bruno. Der hat das auch ausgedruckt.“ Typisch, denke ich – Bruno ist der Sohn eines Zeitungsredakteurs. „Hast du das Bild gesehen?“ – „Ich weiß nicht … ja, ich glaube schon, wenn ich mich recht daran erinnere“, eiert Fup herum. So entstehen Fake News, denke ich, und das schon am frühen Morgen. Klaus Bittermann
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