Berliner Szenen: Alt-Treptow
Ajvar und Stockbrot
Paprika über dem Feuer rösten und zusammen den balkanischen Aufstrich Ajvar zubereiten, verspricht die Veranstaltung einer Bäckerei in einem Hinterhof. Ein guter Plan für einen regnerischen Kater-Sonntag, denke ich und mache mich auf den Weg zur Elsenstraße.
Viele Kinder und Kinderwägen, junge Eltern, Hipster in kleinen Gruppen sind da. Aber auch ältere Menschen, KiezbewohnerInnen, die neugierig vorbeischauen. Ich treffe Freunde, es riecht nach Brennholz, es gibt heißen Raki und serbischen Wein, Balkan Musik mit Live-DJ. Jeder kann Paprika enthäuten, die kochende Paprikabrühe umrühren und sich damit sein eigenes Ajvar am Ende des Tages verdienen. Einige spielen „Wer wird Millionär“ mit Gewürzen: Sie riechen an hängenden, bunt bemalten Gläsern und versuchen zu erraten, welche Kräuter, Gewürze oder Mischungen sich in den Gläsern verstecken. Andere beobachten durch eine Glasscheibe, wie in der Bäckerei gearbeitet wird. Einer Freundin gefällt einer der Bäcker. Er merkt ihre Blicke, wird rot und lacht mit seinen Kollegen.
Als es dunkler wird, tanzen wir uns die Kälte weg. Es wird Zeit für die Feuertonne. Da kommen die spielenden Kinder zusammen und freuen sich wie ich auf das Stockbrot. Ich drehe mein Brot über den Flammen ,und ab und zu beiße ich ein Stückchen ab. Das Kind neben mir schaut mich kritisch an. „Warum machst du das?“ – „Weil ich Hunger habe.“ – „Es ist noch nicht fertig.“ – „Ich weiß, aber es ist so lecker, dass ich nicht warten kann!“ – „Ist mein Brot fertig?“, fragt es, und ich merke, dass die Spitze seines Brots verbrannt ist, fast schwarz. „Oh, ja!“ sage ich. Es guckt sein Stockbrot enttäuscht an, doch es probiert und nickt. „Lecker.“
Wir essen schweigend. „Weißt du“, sagt plötzlich das Kind. „Stockbrot ist das Allerschönste, das man Abends machen kann.“ Luciana Ferrando
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen