Berliner Szenen: Angriff auf eine Person
Eddie
Gut sieht der Typ, den man nur unter seinem Vornamen Eddie kennt, nicht aus. Er hat Hautprobleme, Zahnfleischbluten und irgendwas mit den Augen. Früher hatte er außerdem mal langes, dichtes Haar, das ist ihm längst ausgegangen, genau wie Bruce Dickinson, dem Sänger der englischen Metalband Iron Maiden, die Eddie erstmalig vor 25 Jahren der Welt als ihr Maskottchen präsentiert hat.
Metal ist eine wertkonservative Angelegenheit, und so stehen Iron Maiden bis heute zu ihrem Eddie, der allerdings auch längst ein Star mit eigenem Wikipedia-Eintrag geworden ist. Logisch, dass er auch auf dem Cover des neuen Maiden-Albums zu sehen ist, das gerade flächendeckend beworben wird.
Nun gab es allerdings aus Kreuzberg noch eine Gratiswerbung obendrauf. Dem Tagesspiegel wurde ein Foto zugespielt, auf dem der unwirsch dreinblickende Geselle mit einem Zettel überklebt wurde, auf den geschrieben stand, ein derartiges Plakat habe in der Nähe mehrerer Kindergärten und einer Grundschule nichts zu suchen. Selbst der Stern hat über den Fall berichtet. Da kommt schon der Verdacht auf, dass hier einer, der vielleicht nicht ganz so alltäglich aussieht, diskriminiert wird. Ist das nicht sogar Lookismus? In Kreuzberg! Eddie ist ein Zombie, vielleicht auch ein Cyborg, und solche Wesen sehen nun mal etwas ungewöhnlich aus. Eine etwas zwielichtige Type ist er bestimmt auch, das lassen z“umindest so manche Bilder von ihm vermuten, die Iron Maiden für ihre Plattencover verwendet haben.Dennoch verdient Eddie etwas mehr Respekt.
Er hat schon viel erlebt, war eine Mumie aus dem alten Ägypten, aber auch schon mal in der Zukunft, wie Iron Maiden belegen können. Die Angriffe auf seine Person, wie in Kreuzberg geschehen, hat er nicht verdient.
Andreas Hartmann
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