Berliner Szenen: Hals, Nase, Ohren

Berlin ist wild und gefährlich. Und unsere AutorInnen sind immer mittendrin. Ihre schrecklichsten, schönsten und absurdesten Momente in der Großstadt erzählen sie hier.

Und dann sagte er:

„Soooo, also. Moment, erst mal Schluck Kaffee. Wat ham Se? Hören schlecht? Dann schaun wir da mal rein. Wo arbeiten Se? Zeitung? Hier, „Tagesspiegel“ … was? Ach so … taz. Was sagen Se denn da zu den Patriot-Raketen? Ich sage ja, soll’n Se ruhig in die Türkei schicken. Ist ja nur zum Schutz. Und hier verrotten die Dinger bloß. Einmal drehen, danke. Als Jugendliche haben wir Raketen auf die Zonengrenze geschossen, oben in Heiligensee. Alles selber gemacht. Metallrohr unten zusammengequetscht, Beton rein, aushärten lassen, schräg in die Erde und oben D-Böller rein. War ja nur ein Spaß, wir wollten die Minen hochgehn lassen, hat aber nie geklappt. Nie. Nur die Hunde von den Grenzern sind ganz verrückt geworden. Ah, ich seh schon, ein Hörsturz ist das nicht. Sie haben einen Tubenkatarrh. Tu-ben-ka-tarrh. Da schaun wir gleich noch mal in die Nebenhöhlen. Sagen Ihnen Druckbomben was? Nein? Erklär ich Ihnen. Haben die Amerikaner abgeworfen, die Dinger. Ich sag Ihnen, wie die funktionieren. Die fallen runter und erst mal passiert gar nichts. Aber wenn die hochgehn, erzeugen die eine Druckwelle, da ist in zwei Kilometer Radius jede Heuschrecke tot. Und den Kriegern in ihren Erdlöchern läuft das Blut aus der Nase und den Ohren. Sehn Se, hier ist alles zu in der Nebenhöhle, vor allem rechts. Da inhalieren Se mal schön mit Kamille. Und Nasentropfen schreib ich Ihnen auf. Kein Spray, Tropfen. Im Internet steht davon übrigens nichts. Dass die Amis diese Bomben eingesetzt haben. Ich hab das mal recherchiert. Hab dann aber eine israelische Seite gefunden. Die stellen Druckbomben her, die Israelis. Kann jeder kaufen. Hätte ich bestellen können. Unglaublich. Aber wir wollten ja nicht über Juden reden, sondern über Ihre Ohren. Wie gesagt, inhalieren, Tropfen und Geduld. Gaaanz viel Geduld. Wird schon. Ich brauch jetzt noch ’n Kaffee. Tschüs.“

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