Berliner Szene: Kommen keine Kunden
Beim indischen Pizzabäcker in der Kollwitzstraße herrscht gähnende Leere. Bis auf die Frau mit Blumen im Haar. Und die Autorin, natürlich.
G estern war ich abendessen in Prenzlauer Berg. Alleine. Keiner hatte Zeit für mich. War ich in einer Pizzeria in der Kollwitzstraße. Das ist so traurig da, mittlerweile. Ich weiß noch, wie da jede Nacht der Bär steppte, und nun klappen sie dort die Bürgersteige hoch um zehn.
Der Pizzabäcker ist ein kleiner indischer Mann mit starkem Akzent. Außer mir sitzt noch eine Frau im Laden. Sie isst Spaghetti und hat Blumen im Haar. Ich bestelle Rucolapizza, setze mich an einen Tisch ganz hinten und hole meinen Minicomputer hervor. (Mädchencomputer, hat ein Kollege neulich gesagt. Mir egal, ich trinke auch Mädchenbier, ich steh dazu. „Das is ja nich ma ’n Alkopop, das is ein Alkoflop“, hat der Kollege gesagt.)
Ein Laptop auf der Anrichte dudelt Hare-Krishna-Gesänge in allen erdenklichen Variationen vor sich hin. Manchmal quietscht es ein bisschen, wenn die kindlichen Frauenstimmen sich in Höhen schrauben, die die Boxen nicht mehr mitmachen.
„Die Lage ist gut“, sagt die Frau mit den Blumen im Haar. Offensichtlich knüpft sie an ein früheres Gespräch an. „Kommen keine Kunden“, sagt der Bäcker. Die Frau isst und denkt. „Sie müssen ihre ganzen indischen Cousinen herholen“, schlägt sie vor. „So hübsche junge Frauen. Dann rennen ihnen die Leute die Bude ein.“ Also ich bin wegen des Essens hier, denke ich. Sie reden über Geschäftliches. Ich höre nicht zu. „Was arbeiten Sie?“, fragt er später. „Ich bin Bildhauerin“, sagt sie. „Buddha und so.“ Sie macht diese Handbewegung, mit der schöne Frauen manchmal beschrieben werden. Zwei parallele Wellen von oben nach unten.
Später kommt ein Mann, der sich die Inneneinrichtung anguckt. „Kann ick nich jebrauchen“, sagt er. „Kann ick allet nich jebrauchen.“ Dann guckt er zu mir: „’nen schönen Computer haben Sie da.“ – „Ja“, sage ich und denke: Geh weg! Mein Mädchencomputer gehört mir.
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