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Berliner S-BahnNeue Bündnisse im Bahn-Chaos

In der Plenardebatte zur Krise setzen FDP und Grüne auf Wettbewerb. CDU und Linkspartei hingegen lehnen Zerstückelung des S-Bahn-Netzes ab.

Wie kommt man aus dem S-Bahn-Chaos raus? Bild: AP

Das Chaos bei der S-Bahn führt zu bisher nicht gekannten Schnittmengen im Parlament: grün-gelb und dunkelrot-schwarz. In der Plenardebatte des Abgeordnetenhauses sprachen sich Grüne wie Liberale für mehr Wettbewerb auf der Schiene aus. Das brachte ersteren von der SPD den Vorwurf ein, sie seien "zur Öko-FDP mutiert". Linkspartei und CDU wandten sich fast unisono dagegen, einzelne Strecken von unterschiedlichen Unternehmen betreiben zu lassen. "Zerstückelung" oder "Zerschlagung" des Netzes kam für sie nicht in Frage. Die SPD bewegte sich zwischen beiden Polen.

Selten war eine Debatte in einer sogenannten "Aktuellen Stunde" des Parlaments so aktuell wie am Donnerstag. Denn noch kurz vor Beginn der Debatte gab die S-Bahn weitere Einschränkungen bekannt: Wegen Motorstörungen würden noch mehr Züge ausfallen (siehe Meldung SEITE 22).

FDP und CDU nutzten die Gelegenheit zu grundsätzlicher Kritik am rot-roten Senat. Die Entlassung von Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) forderte jedoch allein FDP-Fraktionschef Christoph Meyer. "Schicken Sie Frau Junge-Reyer endlich aufs Abstellgleis", verlangte er vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD).

CDU-Mann Oliver Friederici wandte sich bei aller Kritik an Rot-Rot klar gegen liberale Forderungen nach reinem Wettbewerb: Wenn man sehen wolle, wohin eine Zerschlagung des Netzes führe, müsse man nach London schauen. Dort gebe es acht Bus-Gesellschaften, mehrere U-Bahn-Linien und keinen abgestimmten Fahrplan gebe. Jutta Matuschek (Linkspartei) sah das genauso: "Viele Köche verderben den Brei." Die Grüne Claudia Hämmerling widersprach. Sie verwies auf den Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg, der die Angebote verschiedener Anbieter koordiniere.

Auch die SPD klagte an und verlangte Konsequenzen - aber außerhalb des Plenarsaales. Ihr Verkehrsexperte Christian Gaebler sprach vom Rednerpult die Deutsche Bahn an, die im Saal gar nicht vertreten war. "Machen Sie endlich mehr als dazusitzen und auf ein Wunder zu hoffen", forderte er. Das derzeitige Chaos sei "der Offenbarungseid der Deutschen Bahn AG".

Senatorin Junge-Reyer sicherte den S-Bahnern zu, dass sie auch bei Veränderungen abgesichert sein sollen: "Wir können garantieren, dass es keine Verschlechterung für die Kolleginnen und Kollegen gibt." Junge-Reyer wandt sich zudem gegenVorwürfe, zu wenig getan und erreicht zu haben. Sie, die sonst nicht zu viel Eigenlob neigt, verwies auf ein jüngstes Zugeständnis von Deutsche-Bahn-Manager Ulrich Homburg zu weiteren Entschädigungen: "Es ist meinem Einfluss zu zuzuschreiben, dass er sich in dieser Weise geäußert hat."

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2 Kommentare

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  • S
    Schneider

    1)Sämtliche Parteien sehen sehr blass und nicht mehr wählbar aus bei der Übertragung der Debatte im Abgeordnetenhaus.

    2) Es ist mir unbegreiflich warum a) noch keine Demo zum DB Haus organisiert wurde und b) Mehdorn und Co. frei rumlaufen dürfen und ihre Abfindungen/Gehälter behalten.

    3) Will die DB, unfähig wie sie ist - selbst den Schnee auf Bahnhöfen räumt sie nicht gut - die S-Bahn auf alle Fälle behalten. Eine bodenlose Gemeinheit und Frechheit. Ein derartiger Vertrag müsste sittenwidrig sein.

    4) Sollte deutschlandweit ein Boykott der DB die Antwort sein. Wir fangen damit schon mal an, organisieren für uns und unsere Freunde den Transport ohne DB. Wie sicher sind die überhaupt?

    5) Sollte man sich daran erinnern: Frau Merkel ist die Chefin der Bahn. Sie hat sich nie blicken lassen.

    Auch dem Verkehrsministerim sind die S-Bahn und die Berliner egal. Quittung gibt es bei der nächsten Wahl.

  • JD
    Jörn Dargel

    Statt S-Bahn-Chaos in Berlin 'mal kurz nach Haiti

    geschaut:nichts als Entwicklungshemnisse, unsagbares

    Leid - Armenhaus und Urlaubsparadies für Menschen aus

    reichen Ländern.Haitis Scheitern erschüttert nicht den Frieden der Welt.Hilflose Helfer allerorten !

    Von Berlin gar nicht soweit entfernt - nur wir LEBEN

    noch! Machen wir dem C-Bahn (mit C für Chaos und nicht S für Schnell)- Drama ein Ende:Wer von den verantwortlichen Volksvertretern nicht schleunigst 'in die Strümpfe kommt' und den Mist,dener oder sie als Landespolitiker angerichtet läuft Gefahr,dem Nachbeben bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus nicht stand zu halten !

    Jörn Dargel, Stadtplaner, Berlin/Potsdam

    P.S. Merke : Wer Berlin-Brandenburgern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein, egal ob er nun Ingeborg,Klaus,Peter oder auch Rüdiger oder gar 'Humbug'heißt !