■ Berliner Republik: Mehr Pathos
Beschworen, angemahnt und verpönt: Wir haben Berliner gefragt, wie sie es mit der Berliner Republik halten.
Ralf Bönt, 36 Jahre, Schriftsteller: Ich erwarte eine Verschiebung der Proportionen zwischen Regierung und Geschichte. Gerhard Schröder kommt ja im Fernsehen gut rüber, aber in Berlin wird er nicht mehr so groß dastehen. Die Geschichte und die Dimensionen der Stadt bringen ein Pathos ins Spiel, das Schröder nicht parieren kann. Die ganze politische Klasse muß dann in einer höheren Liga spielen. Erhard Eppler sagte 1990, in „Berlin schreien die Steine. Und für manche wäre es gut, dieses Schreien zu hören.“ Schröder vernimmt wohl Schreie, aber eher die nach ihm selber. Wir sind jetzt am eigentlichen Ende der Nachkriegsgeschichte: Die letzten Kriegszeugen scheiden aus dem öffentlichen Leben. Das bedeutet – man denke an Brandt – einen Verlust an Pathos. Schröder präsentiert nur Oberfläche. Und es ist etwas anderes, von Bonn aus die Bombardierung Jugoslawiens zu befehlen, als von Berlin. Von hier wäre es sehr viel schwieriger, weil hier mehr historische Verantwortung spürbar wird. Wenn es einen Berlin-Effekt gibt, dann diesen. wird fortgesetzt koch
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen