Berliner Konzert von Seeed: Extra viel Seelenwärme

Seeed sind so etwas wie Berlins Musikbotschafter. Am Donnerstag spielten die Dancehall-Caballeros in der ausverkauften Max-Schmeling-Halle.

Peter Fox

Jetzt auch in Cajual: Peter Fox von Seeed Foto: Britta Pedersen/dpa

Während es draußen wie in einem Peter-Fox-Song „dreckig und grau“ ist an diesem Novemberabend, herrscht drinnen in der Berliner Max-Schmeling-Halle eine aufgeheizte Stimmung. Denn die Dancehall-Caballeros von Seeed präsentieren ihr neues Album „Bam Bam“. Den zweiten Abend hintereinander haben sie die Halle im „Dicke[n] B“ ausverkauft. Trotz anfänglicher Zurückhaltung ist schnell zu spüren: Die Band um die Sänger Pierre Baigorry alias Peter Fox und Frank Dellé bleibt eine musikalische Seele der Stadt.

Sieben Jahre sind vergangen seit dem letzten Studioalbum, auch live haben sie sich rar gemacht. Die Ursache ist auch am Donnerstag spürbar: Im Mai 2018 starb Demba Nabé, der dritte Frontsänger von Seeed. Statt einheitlicher, aufwendig gestalteter Bühnenoutfits, wie früher, ist heute jeder gekleidet, wie er möchte – in lässigem Trainingsanzug mit Goldkettchen oder mit Schlips und Weste. Bei den älteren Songs wird Nabés Abwesenheit sofort deutlich, seine Gesangparts sind größtenteils ausgespart.

Ersetzt durch ein neues Mitglied wird der Sänger, der als Boundzound auch solo erfolgreich war, glücklicherweise nicht. Aber trauern möchte auch niemand und so stimmen Seeed schon bald ihr hoffnungsfrohes Cover von „Wonderful Life“ an. Spätestens dann ist das Eis gebrochen, bei den alten Songs kennt man sich aus, alle singen und tanzen mit: Zu Klassikern wie „Schwinger“ lassen alle brav „ihr Teil“ schwingen, „Seeed geht ab und die Menge geht steil.“ Wo früher halbnackte Frauen tanzten, wippen nun am Bühnenrand drei Backgroundsänger im Takt.

Modifizierter Sound

Auch musikalisch ist der Sound des neuen Albums modifiziert. Weniger Reggae, dafür mehr HipHop-Beats gibt es zu hören, dazu Dancehall und der obligatorische Autotune-Effekt stupsen Seeed in die Zukunft. Begleitet werden sie dabei von Größen der hiesigen HipHop-Szene wie Nura, Trettmann und Deichkind. Es mag an der Hauptstadt liegen oder einfach Glück sein, aber am Donnerstag geben sich alle drei die Ehre und performen mit der Band auf der Bühne. Nicht alle im Saal wissen, wer die Gäste sind, das tut dem Entertainment aber keinen Abbruch. Mit ihrer langen Erfahrung vereinen Seeed locker unterschiedliche Fan-Generationen.

Da wird dann bei einem Medley aus Peter Fox’ „Stadtaffe“ und dem Trettmann-Song „Standard“ eher verhalten eingestimmt. Evergreens wie „Music Monks“ und natürlich die Berlin-Hymne „Dickes B“ sind Stimmungsmacher. Genau wie „Schwarz zu Blau“ und „Schüttel deinen Speck“, die zwar ursprünglich aus dem Soloalbum von Peter Fox stammen, mittlerweile aber ins Repertoire von Seeed überführt sind. Einige Lieblingslieder werden leider verhackstückt und schallen in leicht abstrusen Versionen aus den Boxen. „Isch des Dub oder Rap?“, fragt eine Stimme in der Albumversion von „Dancehall Caballeros“. Weder noch, muss die Antwort lauten. Denn aus einem der frühen Seeed-Hits wird hier etwas, das, mit Gitarrenrock unterlegt, kaum Wiedererkennungswert hat.

Bei „You & I“ aus dem 2012er Album herrscht dann aber wieder Konsens über den Flow. In der Halle wird es dunkel, die Smartphone-Lichter gehen an und Frank Dellé ruft: „Das ist für dich, Demba!“

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