Berliner Kino in Gefahr: Großer Einsatz fürs Kino

Das Moviemento in Kreuzberg ist bedroht, ein Investor will die Räume verkaufen. Nun sammeln die Betreiber Geld, um das Kino selbst kaufen zu können.

Filmrollen aus einem Kinolager

Kinorollen aus vergangenen Zeiten Foto: dpa

Bundesweit klagen Filmtheater über leere Kinosäle. Das Moviemento am Kottbusser Damm hat diese Probleme nicht. Und doch ist die Existenz des Lichtspielhauses, das zu den ältesten in Deutschland gehört, bedroht. Der Grund: Immobilienspekulation. Um das Kino zu retten, wollen die Betreiber nun mithilfe von Crowdfunding versuchen, die Räume selbst zu kaufen. Am Dienstag startet die Kampagne.

Sonntag im Moviemento: „Mein Lotta-Leben – alles Bingo mit Flamingo“ steht um 12.30 Uhr auf dem Programm. Nachmittags läuft unter anderem „Systemsprenger“, abends läuft ein Film eines Pornfilmfestivals. Drei Vorführungssäle hat das Kino. Mit einem Programm für alle Altersgruppen, mit Festivals und Themenschwerpunkten haben es die Macher 2007 geschafft, das Kino aus der Krise zu führen.

Damals habe das Moviemento vor der Schließung gestanden, erzählt Geschäftsführer Wulf Sörgel am Telefon, der das Kino mit Iris Praefke betreibt. Im Hintergrund sind ­aufgeregte Kinderstimmen zu hören – die warten auf Einlass, sagt Sörgel, gleich beginnt die Mittagsvorstellung von „Mein Lotta-Leben“. Mit einem motivierten Team habe man das Lichtspielhaus zu dem gemacht, was es heute sei: „Manchmal haben wir sogar Kapazitätsprobleme“.

Eines der Ältesten Deutschlands

Seit 1907 gibt es das Moviemento am Kottbusser Damm 22. „Monument der unabhängigen Filmkultur“, nennt das Cineastenehepaar Gregor das Filmtheater gegenüber der taz. Die beiden können das beurteilen: Erika und Ulrich Gregor haben 1963 die „Freunde der Deutschen Kinemathek“ mitbegründet und 1970 das Arsenal-Kino.

Der Eigentümer des Kottbusser Damms 22 hat laut Sörgel in den letzten Jahren gewechselt. Seit geraumer Zeit würden die Wohnungen in dem Haus in Eigentumswohnungen umgewandelt. Aktuell gehöre das Haus einer Unterfirma der Deutschen Wohnen. Im Oktober, erzählt Sörgel, habe man erfahren, dass auch die Räume des Kinos verkauft werden sollten. Gleichzeitig habe man ihnen die rund 600 Quadratmeter große Etage für einen Preis von etwas über 2 Millionen Euro, Nebenkosten inklusive, angeboten. „Nach einem kurzen Schock haben wir uns entschlossen zuzugreifen.“ Ziel sei es, die Räume auf diesem Wege der Spekulation zu entziehen und langfristig das Überleben des Kinos zu sichern.

Der Anfang ist gemacht. 400.000 Euro haben Praefke und Sörgel eigenen Angaben zufolge bereits aus Ersparnissen und mit Unterstützung von anderen zusammenbekommen. Mit dem Crowdfunding wollen sie nun in einem zweiten Schritt weitere 100.000 Euro einwerben und in einem dritten nochmals 1,6 Millionen Euro. Parallel zum Crowdfunding werde man auch andere Kanäle mobilisieren, sagt Sögel.

Das Moviemento sei eine Legende, heißt es auf der Website des Kinos. Nichts bedrohe kulturelle Orte aktuell so sehr wie die Immobilienspekulation in unseren Städten. „Wenn wir nicht aufpassen, gehen diese Orte verloren.“ Der Aufruf zum Crowdfunding trägt die Überschrift: „Werde Moviemento Retter*in“. In einem kurzen Einspieler werben Schauspieler, Regisseure und Kulturschaffende für die Beteiligung an der Rettungskampagne.

Katharina Wackernagel ist darunter, auch Tony Leiser, Jonas ­Grosch, Godehard Giese, Carolyn Genzkow. Am Dienstag wird die Aktion freigeschaltet. Den SponsorInnen winkt ein Dankeschön, bei größeren Summen gibt es auch kleine Preise. Für 350 Euro etwa kann man Kinostuhlpate werden. Der Name wird auf einer kleinen Plakette an einem der 233 Kinosessel angebracht. Für 5.000 Euro kann man einen VIP-Pass für das Pornfilmfestival 2020 erwerben.

Sollte mehr Geld zusammenkommen, als für den Kauf des Kinos erforderlich ist, werde dieses in den Bau eines vierten Kinosaals investiert, sagt Sörgel. Den benötige das Moviemento schon lange.

Auch der dritte Saal müsse erweitert werden. Und wie lange hat die Geschäftsführung nun Zeit, das Geld zusammenzubringen? „Das wissen wir noch nicht genau“, sagt Sörgel.

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