Berliner Fußball-Klub: Der große Macher zweifelt
Mit dem Geld des Unternehmers Mehmet Ali Han stieg der kleine Berliner AK bis in die Regionalliga auf. Nun ist der mächtige Sponsor und Präsident müde.
Steil nach oben, das war der Plan für den BAK, steil und schnell. Morgen die Dritte Liga und übermorgen die dritte Kraft im Berliner Fußball werden, nur der Himmel über Berlin ist die Grenze.
Nun haben sich am Berliner Poststadion die Grenzen verschoben. Der Autokrat, der den Berliner AK mit seinem Geld in die Vierte Liga hob, der ihn groß machte und gern noch viel größer machen wollte, zweifelt. „Mehmet Ali Han wird sein Engagement auf jeden Fall zurückfahren“, sagt der Sportliche Leiter des BAK, Michael Bartschek. Zahlen zu seinem Sponsoring will Han nicht in der Zeitung lesen, aber: Wenn Han einziger Sponsor bleibe, sagt Bartschek, dann „haben wir mit dem Aufstieg nächstes Jahr nichts zu tun. Dann müssen wir eine junge Mannschaft aufbauen, das wird ein paar Jahre dauern.“
Von großen Plänen redet in der Geschäftsstelle erst mal niemand mehr. Oben mitspielen würden sie weiter gern, aber wer vom Kader gehalten werden kann, ist unsicher. Der Stimmungswandel kommt überraschend: In der vergangenen Saison wäre der BAK beinahe aufgestiegen, und der aktuelle Platz 3 ist auch keine sportliche Katastrophe.
Mehmet Ali Han, reicher Bauunternehmer, Sponsor, Präsident und Allesbestimmer beim BAK, will erst einmal nicht darüber reden. Dann will er vielleicht doch, ist aber nicht erreichbar. Vor ein paar Wochen hat er mit der Fußball-Woche geredet, das löste Unruhe im Verein aus. „Mich umfasst schon seit längerer Zeit eine gewisse Müdigkeit, eine Art Resignation“, sagte er da. Der Verein habe sich „gegenwärtig von einem Drittligaaufstieg verabschiedet.“ Und er selbst wolle sich aus leitender Position zurückziehen.
Gegen Hoffenheim waren sie ganz oben
Bartschek über Mehmet Ali Han
Die jüngste von vielen Wendungen bei einem Club, der an Chaos und Exzentrik immer ein wenig größer war als auf dem Platz. Schon vor der Han-Ära ging der Verein durch die Medien, wegen bevorstehender Insolvenz und Spielabbrüchen. Dann kam Mehmet Ali Han, seit 2002 Sponsor und Präsident, und führte den Verein in sensationelle Höhen: aus den Niederungen des Freizeitfußballs bis in die Regionalliga. Der 4:0-Triumph gegen Hoffenheim im DFB-Pokal, da waren sie ganz oben.
Ruhig wurde es trotzdem nicht: Eine dubiose Kooperation mit dem damaligen türkischen Erstligisten Ankaraspor, die schnell platzte, geplante und gescheiterte Fusionen, ständig wechselnde Kader und Trainer, ausgetauscht nach den Launen des mächtigen Mannes, der vieles wieder kaputt machte, weil er wild feuerte. „Ich will nicht sagen, er hat Unruhe reingebracht, aber Han hat nicht unbedingt zur Kontinuität beigetragen“, sagt Michael Bartschek.
Bezeichnend auch die Geschichte um die Frauenabteilung von Lübars im vergangenen Jahr, die Han erst retten wollte und dann fallen ließ, weil sie nicht sofort Teil des BAK geworden wären. „Mehmet Ali Han will alles gern sein Eigen nennen“, sagt der damalige Lübars-Trainer Jürgen Franz. Dass der BAK-Vorstand nicht viel zu melden hat, ist in Berlin bekannt: „Han gibt das Geld, er trifft die Entscheidungen“, so Franz.
Der Berliner Athletik-Klub 07, kurz BAK, wurde 1907 im Wedding gegründet und war lange sportlich unbedeutend. In den Neunzigern entging er knapp der Insolvenz. Mehmet Ali Han stieß 2002 als Sponsor dazu und führte den Verein von der Oberliga bis in die Regionalliga. 2016 verpasste der BAK knapp den Aufstieg in Liga 3.
2011 stieg der Berliner AK in die Regionalliga auf. Größte Erfolge der Vereinsgeschichte waren 2012 der 4:0-Sieg über den Erstligisten TSG Hoffenheim in der ersten Runde des DFB-Pokals sowie zwei Berliner Pokalsiege 2010 und 2012. (asc)
Emanzipieren will man sich beim BAK trotzdem nicht so recht. „Er hat acht bis zehn Jahre nur für den Verein gelebt“, sagt Bartschek. „Er hat es nur gut gemeint. Wir haben es ihm zu verdanken, dass wir Regionalliga spielen.“ Die Sonnen- und Schattenseiten eines diktierenden Investors. Einst war für 2011 die zweite Liga angepeilt. Dazu kam es nie. Der ehrgeizige Han ist offenbar von den verpassten Aufstiegen enttäuscht. Beim Training, so wie früher, soll er zuletzt nur noch selten gewesen sein. „Er ist ein absoluter Erfolgsmensch“, sagt Michael Bartschek. „Ein zweiter oder dritter Platz ist nicht sein Ding.“
Zu wenig Zuschauer
Das Berliner Publikum wurde mit dem Verein nie so recht warm. Einen Zuschauerschnitt von rund 400 Leuten hatte der BAK in dieser Saison. Es ist der schlechteste Schnitt in der Regionalliga Nordost; Aufstiegskonkurrenten wie Jena oder Cottbus haben das Zehnfache an Publikum. Es sei das Image, glaubt Michael Bartschek. „Wir haben einen türkischen Vorstand, aber eine internationale Mannschaft. Es ist sehr schwer, eine Klientel zu finden, die das unterstützt.“
Die Berliner Türken wollten eine türkische Mannschaft sehen. „Und die Deutschen sagen, wir wären ein Türkenverein.“ Der Wunsch von Mehmet Ali Han, eine bunt gemischte Mannschaft mit bunter Anhängerschaft zu haben, erfüllte sich nicht. Hinzu kommt, dass der Berliner AK, im Gegensatz etwa zum BFC oder dem SV Babelsberg, keine gewachsene Fanszene hat.
Der Zuschauermangel hat finanzielle Konsequenzen: Jeden Spieltag zahle der Verein 2.000 Euro drauf, so Bartschek. In der dritten Liga, glaubt er, würde das Interesse wachsen. In der Beinahe-Aufstiegssaison hatte der BAK einen ordentlichen Schnitt. Aber Stammpublikum ist das nicht.
Wie es weiter geht, weiß niemand so richtig. Sponsoren zu finden, die im Schatten von Han werben wollen, ist schwierig. Zwischenzeitlich stand mal wieder eine Fusion im Raum, diesmal mit dem Achtligisten Club Italia. Eine irgendwie passende Kombination: Auch das ist ein Verein mit mächtigem und exzentrischem Investor, der vom ganz großen Wurf träumt. Zweite Liga, hieß es auch dort zuletzt, schnell ganz nach oben. Die Fusionspläne wurden dann doch aufgeschoben, vielleicht nächstes Jahr; übrig bleibt, wie so oft, Mehmet Ali Han. Kürzlich meldete er sich mal wieder zu Wort, in der Lausitzer Rundschau: „Wir werden wieder in der Regionalliga eine gute Rolle spielen“, sagte er.
Auch wenn der große Macher amtsmüde scheint, losgelassen hat er nicht. „Selbst, wenn er wenig Geld gibt, wird er sein Engagement nicht ändern“, glaubt Michael Bartschek. „Auch dann wird er noch den einen oder anderen Telefonanruf machen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!