Berliner Flughafendesaster: Langes Schweigen
Schon im Dezember war klar, dass es mit dem Brandschutz bis zur Eröffnung nichts wird.
Das Flughafendesaster sorgt auch im Bund für Ärger: Im Verkehrsausschuss des Bundes war der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) am Mittwoch trotz wiederholter Ladung nicht erschienen. Das Bundesministerium legte im Ausschuss offenbar Auszüge aus einem Controllingbericht der Flughafengeschäftsführung vor, aus denen hervorgeht, dass die Geschäftsführung schon im Dezember 2011 wusste, dass die Brandschutzanlage nicht bis zum Eröffnungstermin funktionieren würde. Die Eröffnung des neuen Flughafens war vor zwei Wochen überraschend abgesagt und auf März 2013 verschoben worden.
Auch in Berlin sagte Wowereit sein Erscheinen in dem für Finanzen zuständigen Hauptausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses aus terminlichen Gründen ab, sodass die Diskussion über die finanziellen Folgen verschoben wurde. Der finanzpolitische Sprecher der Grünen, Klaus Esser, warf Wowereit vor, sich vor der Debatte zu drücken. Esser sagte, die Schadenersatzforderungen wegen der Verschiebung könnten schnell an die „Milliardengrenze“ stoßen. Er forderte eine zügige Behandlung des Themas. Die Fraktionen von CDU und SPD hingegen befanden, eine Diskussion sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht sinnvoll, da konkrete Zahlen fehlten.
Weiterhin offen ist, ob Airlines wie Lufthansa und Air Berlin den erweiterten Flugplan nun über Tegel abwickeln können – und ob das Nachtflugverbot in Tegel aufgeweicht wird. Am Montag bestätigte die deutsche Flugkoordination in Frankfurt, die für die Vergabe von Start- und Landerechten zuständig ist, dass „unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten“ die für den neuen Flughafen geplanten Flüge auf Tegel und Schönefeld übertragen werden können. Dafür müssten aber auch Flüge genehmigt werden, die in Tegel eigentlich verboten wären – dort gilt ein Nachtflugverbot von 23 bis 6 Uhr, zwei Stunden länger als an dem neuen Flughafen.
Rund 120 Flüge
Die zuständige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gab am Montag bekannt, rund 120 Flüge von Juni bis Oktober halte sie für „genehmigungsfähig“. Diese liegen zwischen 23 und 23.15 Uhr. Strittig bleiben aber 30 Flüge zwischen 5.20 Uhr und 5.30 Uhr. „Wir sehen das sehr kritisch, insbesondere weil die Hälfte davon an Sonntagen liegt“, sagte Verkehrsstaatssekretär Christian Gaebler (SPD). Die endgültige Entscheidung soll kommende Woche fallen. Dazu soll auch die Lärmschutzkommission angehört werden. Insbesondere Air Berlin hatte gefordert, das Nachtflugverbot in Tegel einzuschränken, damit sie dort fliegen kann. Eine generelle Änderung des Nachtflugverbots ist ohne lange Verwaltungsprozeduren nicht möglich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid