piwik no script img

Berliner Bahn-ChaosSenat will gläserne S-Bahn

Abgeordnete sollen nun doch Einblick in die Verkehrsverträge des Senats mit der Bahn-Tochter bekommen - anders als die Öffentlichkeit.

Was muss die Bahn zahlen, wenn sie nicht kommt? Das steht im geheimen S-Bahn-Vetrag Bild: AP

Der Vertrag zwischen dem Senat und der S-Bahn soll nicht länger geheim bleiben. Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) will im Dezember den Einblick erlauben - allerdings nur für Abgeordnete, nicht für die breite Öffentlichkeit. Bislang hatte sie sich darauf berufen, dass der Vertrag Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse enthalte. Die Bahn kann gegen die Entscheidung noch klagen.

Die S-Bahn erhält aufgrund des Vertrages gut 230 Millionen Euro pro Jahr vom Land Berlin für ihre Verkehrsleistung. Zusätzlich wird sie auch, zusammen mit der BVG und weiteren Verkehrsunternehmen, an den Ticketeinnahmen beteiligt. Die Grünen-Verkehrspolitikerin Claudia Hämmerling hatte zusammen mit ihrer Fraktionskollegin Franziska Eichstädt-Bohlig die Einsicht in den Vertrag beantragt: "Es ist ein Unding, dass wir im Abgeordnetenhaus über so hohe Ausgaben abstimmen sollten, ohne die Details zu kennen." Sie interessiert zum Beispiel, welche Entschädigungen der Senat für den Fall mit der Bahn vereinbart hat, dass die Rolltreppen an Bahnhöfen wie der Friedrichstraße wochenlang nicht funktionieren: "Was ist da wie geregelt?", fragt sie.

Eine Sprecherin von Junge-Reyer erläutert, es gebe die Möglichkeit, den Abgeordneten den Vertrag zu zeigen, wenn die öffentlichen Interessen das Geheimhaltungsinteresse der S-Bahn überwiegt. Nach dieser Abwägung habe die Senatorin entschieden. Die Grünen hatten allerdings schon zu Beginn der S-Bahn-Krise Einblick in den Vertrag gefordert. "Wir mussten uns erst rechtlich absichern", so die Sprecherin. Für Hämmerling ist es dagegen "unverständlich, dass die Verwaltung so lange so hartnäckig gemauert hat".

Jetzt könnte nur noch ein Gericht verhindern, dass die Abgeordneten den Vertrag sehen. Die S-Bahn hat bis Ende des Monats Zeit, einen entsprechenden Antrag zu stellen. Hämmerling appelliert an die S-Bahn, das nicht zu machen: "Das könnte ihr nur Punkte bringen, wenn sie sich offen zeigt." Hämmerlings Ansicht nach sollte der Vertrag sogar für die gesamte Öffentlichkeit zugänglich sein.

Die S-Bahn schickt unterdessen wieder mehr Züge auf die Strecken. Ab Montag will sie den Fahrplan zu 90 Prozent einhalten, aber nicht in voller Zuglänge. Werktags sollen dann 814 Viertelzüge rollen. Die zusätzlichen 46 Fahrzeuge würden hauptsächlich auf der Linie S 5 zwischen Strausberg Nord und Olympiastadion eingesetzt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!