Berlinale-Star-Album (9): Der Gruppenpapa: Tom Tykwer
Es hat ein bisschen was von christlichem Gesprächskreis: So, jetzt sagt jeder mal, wie er zu diesem Projekt gekommen ist und warum er mitgemacht hat.
13 deutsche Regisseure sitzen alphabetisch aufgereiht auf dem Podium, alle haben einen Kurzfilm gedreht, zusammen laufen ihre Werke unter dem Titel "Deutschland 09, 13 kurze Filme zur Lage der Nation" außer Konkurrenz auf der Berlinale.
Warum also sind sie nun alle hier? "Tom hat mich gefragt, Tom Tykwer, und ich habe Ja gesagt", sagt Fatih Akin. "Tom hat mich gefragt,Tom Tykwer…", sagt Wolfgang Becker, bis zu L wie Dani Levy geht das so weiter. Levy aber hat Tom gefragt, ob er mitmachen darf, Nicolette Krebitz möchte sich bei Tom dafür bedanken, dass sie mitmachen durfte, und Hans Steinbichler möchte lieber Tom fragen, warum er dabei ist. Tom Tykwer ist offenbar der Gruppenpapa des Kurzfilmsamplers. Auf dem Pressekonferenzenpodium der diesjährigen Berlinale sitzt er zum zweiten Mal, mit seinem Eröffnungsfilm "The International" und "Deutschland 09" belebt er den Wettbewerb.
"Ich war das Sprachrohr", gesteht Tom Tykwer, "the messenger". Gemeinsam mit zwei NDR-Redakteuren hatte er die Idee, 2009 noch einmal ein Filmprojekt zu machen wie jenes 1978: "Deutschland im Herbst", an dem unter anderem Volker Schlöndorff und Rainer Werner Fassbinder mitwirkten. Und Deutschland 2009, das sieht eher nach Winter aus: soziale Kälte, Kinderarmut, Globalisierung, Pessimismus, der Fall Murat Kurnaz, die Militante Gruppe und der todkranke Sozialstaat. Jeder der Regisseure - 13 "doch recht exzentrische Persönlichkeiten", wie Tykwer es ausdrückt - durfte sein persönliches Anliegen zum Zustand Deutschlands in einen Kurzfilm packen. Vor den Journalisten gab es ganz gruppendynamisch ein paar offene Bekenntnisse obendrauf: "Ich bin links", sagt Nicolette Krebitz, Hans Steinbichler outet sich als treuer FAZ-Leser, der sich unheimlich über die Abschaffung der Frakturschrift und das Bild auf der Titelseite geärgert hat, von seiner Rache dafür handelt sein Film. Dani Levy gesteht: "Ich mache mich gerne über mich selbst lustig", und Hans Steinbichler sieht die Gruppe eher zersplittert: "Da saßen doch viele Ichs zusammen." Tom Tykwer bringt all das vatihaft auf den Punkt: "Es gab den Konsens, dass wir uns nie einig werden würden."
Der filmreife Satz: "Ich bin immer schon großer Anhänger jeglicher Gruppendynamik gewesen." (Regisseur Christoph Hochhäusler)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!