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Berlin soll Suhartos Polizisten trainieren

Innensenator Schönbohm vereinbart beim Urlaub in Indonesien Polizeihilfe für das Suharto-Regime. Großbritannien hat ein ähnliches Programm wegen schlechter Erfahrungen gerade eingestellt  ■ Von Jutta Lietsch und Sven Hansen

Jakarta/Berlin (taz) – Beim Verhör nicht schlagen! Friedliche Demonstranten nicht niederknüppeln! Das dürfen indonesische Polizisten bald von ihren deutschen Kollegen lernen – in Berlin. Vier Polizeioffiziere aus Jakarta werden bald zum Training in die deutsche Hauptstadt reisen, um dort zu studieren, wie man Verbrecher richtig festnimmt und ordentlich mit Demonstranten umgeht. Die Polizeihilfe solle dazu beitragen, „Indonesien im Rahmen der Polizeiausbildung zur Rechtsstaatlichkeit zu führen“, sagte ein deutscher Diplomat in Indonesiens Hauptstadt.

Berlins Innensenator Jörg Schönbohm (CDU), früher Bundeswehr-Inspekteur, hatte vergangene Woche während einer Urlaubsreise Indonesiens Präsident Suharto getroffen – „privat“, wie Schönbohms Sprecher gestern der taz erklärte. Schönbohm sei Suharto früher öfter dienstlich begegnet. Beim letzten Mal habe der Präsident gesagt, Schönbohm solle sich melden, wenn er im Lande sei, so der Sprecher. Beim 40minütigen Gespräch mit Suharto am letzten Freitag sei die Polizeihilfe aber kein Thema gewesen.

Diese habe der Senator während der gleichen Reise mit dem indonesischen Polizeichef vereinbart. Die Möglichkeit der Polizeihilfe sei im Rahmen der Städtepartnerschaft Berlins mit Jakarta längst geklärt. Andere Bundesländer sollen folgen. Der Inhalt der Ausbildung stehe noch nicht fest, so der Sprecher. „Die Indonesier werden uns sagen, wo sie Einblicke haben wollen, und wir werden das prüfen.“ Berlin bezahle nur für Unterkunft und Verpflegung. Der Termin stehe noch nicht fest.

Die Ausbildung bei der Berliner Polizei dürfte den Indonesiern bald nützen. Denn viele Experten rechnen in nächster Zeit mit schweren sozialen Unruhen und politischen Protesten gegen das korrupte Suharto-Regime, wenn es das vom Internationalen Währungsfonds verordnete Sparprogramm umsetzen muß.

Ob Polizisten eines autokratischen Staates ausgerechnet beim Kampf gegen Demonstranten Nachhilfe in Rechtsstaatlichkeit und Demokratie erhalten können, ist heftig umstritten. Die britische Labour-Regierung hat kürzlich das noch von der Tory-Regierung vereinbarte Aufstandsbekämpfungstraining für indonesische Polizisten gestoppt. In England lernten die indonesischen Beamten nur, wie man zuschlägt, ohne blaue Flecke zu hinterlassen. Es seien diese Fähigkeiten und nicht demokratische Einsichten, die indonesische Polizisten nach ihrer Rückkehr nutzten, argumentierten Kritiker des Programms. So sei Polizeihilfe nicht akzeptabel.

Diese Hemmung hat Bonn offenbar nicht. Obwohl die indonesische Presse fast täglich über Mißhandlungen, Vergewaltigungen und andere schwere Übergriffe durch Polizisten berichtet, „gibt es doch Fortschritte“, heißt es in der deutschen Botschaft in Jakarta. Vergangenes Jahr seien immerhin über 100 Polizeioffiziere bestraft oder entlassen worden.

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