Berlin muss Bund Schadenersatz zahlen: Teurer Hartz-IV-Bescheid für Berlin
Weil Hartz-IV-EmpfängerInnen in Berlin zu lange zu teuer wohnen durften, muss Berlin dem Bund insgesamt 13 Millionen Euro Schadensersatz zahlen. Das hat das Bundessozialgericht entschieden.
Hartz-IV-EmpfängerInnen haben in Berlin zu lange zu komfortabel auf Staatskosten wohnen dürfen - daher muss das Land dem Bund 13 Millionen Euro Schadensersatz zahlen. Zu diesem Urteil kam das Bundessozialgericht (BSG) in seiner Verhandlung am Dienstag. Das Land habe "vorsätzlich und schwerwiegend" höherrangiges Bundesrecht missachtet, urteilte das BSG in Kassel. Es sprach dem Bund aber nur 13 statt der ursprünglich geforderten 47 Millionen Euro zu.
Der Bund hatte das Land Berlin verklagt, weil es zu großzügig mit den Kosten der Unterkunft für Hartz-IV-EmpfängerInnen umgegangen sei. Diese werden zu 30 Prozent mit Bundesmitteln finanziert. Laut Sozialgesetzbuch II steht Hartz-IV-EmpfängerInnen eine Erstattung der Wohn- und Heizkosten zu, "soweit diese angemessen sind". Ist die Wohnung zu teuer, müssen sie "in der Regel" innerhalb von sechs Monaten umziehen. In Berlin wurde diese Frist 2005 vom Senat auf zwölf Monate verlängert, damit sich, so der Senat, die Betroffenen auf den Arbeits- statt den Wohnungsmarkt konzentrieren können.
Der Bund sah darin jedoch einen Verstoß gegen geltendes Recht und forderte rund 47 Millionen Euro Schadensersatz vom Land. Das BSG schätzte den entstandenen Schaden des Klägers allerdings nur auf 13 Millionen Euro. Nicht alle Betroffenen hätten in dieser Zeit eine billigere Wohnung finden können.
"Ich bedaure, dass wir uns nicht durchsetzen konnten", sagte Sozialsenatorin Carola Bluhm (Linkspartei) der taz. "Uns ist es nicht gelungen, das Gericht davon zu überzeugen, dass es die größte Kostenersparniss ist, Leute wieder in Arbeit zu bringen." Die jährlichen Wohnkosten für die rund 600.000 Hartz-IV-EmpfängerInnen in Berlin belaufen sich auf 1,4 Milliarden Euro. Im Zeitraum zwischen 2005 und 2008 schoss der Bund jährlich zwischen 350 und 450 Millionen Euro zu.
In einer Presseerklärung teilten SPD und Linkspartei am Dienstag mit, dass man an dem Ziel festhalte, "dass Alg-II-Empfangende möglichst nicht umziehen müssen und sich auch weiterhin darauf konzentrieren können, Arbeit zu suchen". Ein Jahr Zeit haben die Bedürftigen allerdings nicht mehr: Schon seit März 2009 wurde die Frist - den Bundesvorgaben entsprechend - auf ein halbes Jahr reduziert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW