■ Berlin braucht den Umzug: Muffige Allianz
Die Niederlage in Monte Carlo gründete nicht auf dem militanten Widerstand in der Stadt; dieser hat nur dazu beigetragen. Entscheidend war vor allem, daß der Senat Olympia immer nur als Projekt von oben gegen die Menschen verstand und nie den Dialog suchte. Der Senat schweißte damit erst jene breite Ablehnungsfront, in der sich auch der militante Widerstand fand und diesen in völlig ungewohnter Weise auf die Seite der „Sieger“ beförderte. Weil diese Große Koalition der Olympiagegner so heterogen ist, werden auch in der Linken alsbald wieder die verwischten Grenzen klarer werden. Neu beantworten müssen wird das Bündnis 90/Die Grünen, das in bedenklicher Realpolitik stillschweigend auch Militanz zur Verhinderung von Olympia in Berlin akzeptierte, mit welchen Mitteln unliebsame Vorhaben verhindert werden dürfen, oder wann Mehrheitsentscheidungen zu akzeptieren sind.
Eines darf die Absage an Olympia nicht sein: ein Sieg für die Borniertheit, für den Provinzialismus und für das miefige Kleinklein der Berliner Befindlichkeiten, in denen Berlin sich so lange suhlte. Nichts kann die Stadt weniger gebrauchen als die muffige Allianz der Molotow-Fraktion und der politischen Kleingärtner, die jeder für sich den Durchzug neuer Ideen fürchten. Der Regierungsumzug steht deshalb auf einem anderen Blatt als Olympia. Berlin braucht den Wind von außen, braucht die Bundesregierung und den Bundestag. Anders als das Strohfeuer Olympia, das nach vierzehn Tagen verglimmt und nur Spekulanten reich macht, ist der Hauptstadtumzug entscheidend für die künftige Entwicklung Berlins als weltoffene und tolerante Metropole mit einer gesunden wirtschaftlichen Struktur. Durch die Olympia-Bewerbung wurde die Diskussion zu lange blockiert, wie diese Modernisierung stadtverträglich zu gestalten ist. Anders als bei Olympia hat Berlin wirklich viel zu verlieren, wenn dies nicht gelingt. Gerd Nowakowski
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