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Bericht zu BenachteiligungDiskriminierung zerstört Vertrauen in Staat

Mehr als die Hälfte der rassistisch markierten Menschen erfährt regelmäßig Benachteiligung. Damit gehen oft psychische Probleme einher.

Protest am Internationalen Frauentag 2025 in Berlin Foto: Rouzbeh Fouladi/imago

Berlin taz | Vom gehässigen Kommentar bis zum körperlichen Angriff: Mehr als die Hälfte derjenigen, die zu einer ethnischen oder religiösen Minderheit gehören, erlebt in Deutschland regelmäßig Diskriminierung. Wie der neue Bericht des Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitor (NaDiRa) zeigt, gehen solche Erfahrungen oft mit psychischen Problemen einher und erschüttern das Vertrauen in Staat und Gesellschaft. Der Leiter des NaDiRa, Cihan Sinanoğlu, spricht von „strukturellen Dimensionen“ des Rassismus in Deutschland.

Der 68-Seitige Bericht, der am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde, liefert gleich eine ganze Reihe besorgniserregender Erkenntnisse. 54 Prozent der zwischen 2022 und 2024 befragten rassistisch markierten Personen gaben an, mindestens einmal pro Monat Diskriminierung zu erfahren. Besonders betroffen sind muslimische und Schwarze Frauen sowie Schwarze Männer. In diesen Gruppen berichten jeweils fast zwei Drittel der Befragten, dass sie regelmäßig benachteiligt werden.

Offene Diskriminierung, etwa eindeutige Beschimpfungen, Bedrohungen oder körperliche Angriffe kommen dabei seltener vor als subtilere Formen. Dabei geht es etwa um Fälle, in denen Betroffene unfreundlich behandelt, nicht ernst genommen, ignoriert oder angestarrt werden.

Auffallend viele Vorfälle ereignen im öffentlichen Raum. Fast 40 Prozent derjenigen, die von Diskriminierung betroffen sind, berichten von solchen Erfahrungen auf der Straße oder in Bus und Bahn. Sinanoğlu betont: „Die Analysen des Berichts zeigen, dass rassistische Diskriminierung nahezu in allen gesellschaftlichen Bereichen stattfindet.“

Gesellschaftlicher Rechtsruck zeigt Folgen

Auch beim Kontakt mit der Polizei kommt es oft zu Diskriminierung: 19 % der muslimischen und 18 % der Schwarzen Männer berichten von solchem Verhalten von Polizist*innen. In Ämtern und Behörden erleben dagegen vor allem schwarze und muslimische Frauen besonders oft Benachteiligung, jeweils rund 30 Prozent erzählen in diesen Gruppen davon.

Der Fokus des Berichts liegt auf den Betroffenen. Dennoch liefern die Umfragedaten des NaDiRa zumindest einige Anhaltspunkte dazu, welches Gedankengut sich hinter diskriminierendem Verhalten verbirgt. Demnach hat etwa je­de*r Fünfte in Deutschland gefestigt rassistische Überzeugungen und stimmt etwa Aussagen zu, dass ethnische und religiöse Minderheiten in den letzten Jahren wirtschaftlich mehr profitiert hätten, als ihnen zusteht. Ungefähr so viele finden auch, dass Minderheiten ungerechtfertigterweise mehr Gleichberechtigung fordern. Zwischen 2022 und 2024 stiegen die Zustimmungswerte zu diesen Aussagen leicht an, am höchsten liegen sie bei Männern und alten Menschen.

Im Bericht heißt es dazu, die Ergebnisse stünden „vor dem Hintergrund eines gesellschaftlichen Rechtsrucks und einer damit einhergehenden Normalisierung rechtsextremer und völkisch rassistischer Ideologien“. Dabei dürfte nicht nur der Aufstieg der AfD gemeint sein, sondern auch die Migrationsdebatte, in der auch die demokratischen Parteien zuletzt immer schärfere und latent rassistische Töne angeschlagen hatten.

Teils selbst rassistische Einstellungen

Der NaDiRa-Bericht zeigt aber auch, dass Menschen, die selbst von Diskriminierung betroffen sind, teils ebenfalls rassistische Überzeugungen haben. So waren Zustimmungswerte zu rassistischen Aussagen unter Menschen mit osteuropäischem Hintergrund teils höher als in der Mehrheitsbevölkerung. Gleichzeitig ist klar, dass Diskriminierung und Rassismus über die menschenfeindlichen Ideen einzelner Individuen hinausgehen. Die dahinterliegenden Ideologien haben sich über Jahrhunderte nicht nur in die Köpfe der Menschen, sondern auch in Institutionen und Konventionen festgesetzt.

Was das für die von Diskriminierung Betroffenen bedeutet, zeigt ein weiteres Ergebnis des NaDiRa-Monitors, wonach je­de*r Dritte Diskriminierungsbetroffene mittlere bis schwere Anzeichen von Depressionen oder Angststörungen zeigt. Daraus lässt sich zwar noch nicht ablesen, dass diese Symptome direkt auf die Diskriminierungserfahrungen zurückgehen. Der Vergleich mit nichtbetroffenen, aber ebenfalls rassistisch markierten Menschen, von denen nur 10 Prozent solche Symptome haben, lässt aber erahnen, wie groß der psychische Druck durch Benachteiligung sein dürfte.

Vertrauen verloren

Auch auf das Vertrauen in Staat und Gesellschaft haben Diskriminierungserfahrungen laut NaDiRa-Monitor starken Einfluss. Zwar nahm der Anteil derjenigen, die angeben, dem Staat zu vertrauen, im Untersuchungszeitraum über alle Gruppen hinweg ab. Bei muslimischen und Schwarzen Menschen sank der Wert aber auffallend stark um rund 20 Prozentpunkte. Besonders rapide sank das Vertrauen in Behörden und Ämter unter denjenigen, die von Po­li­zis­t*in­nen diskriminiert wurden. Unter Mus­li­m*in­nen ohne solche Erlebnisse gaben 87 Prozent an, dem Staat zu vertrauen. Unter denjenigen mit Diskrimineirugnserfahrung durch die Polizei waren es nur noch 19 Prozent. Bei asiatischen Personen sank der Wert gar von 86 auf nurmehr 4 Prozent.

Der NaDiRa ist ein Projekt des DeZIM-Instituts, das dazu 2020 vom Bundestag beauftragt wurde. Erforscht werden Ursachen, Ausmaß und Folgen von Diskriminierung und Rassismus, sowie Wege, diese Phänomene zu bekämpfen. Dafür werden regelmäßig zehntausende Personen befragt.

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1 Kommentar

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  • Das Ergebnis verwundert nicht. Und Deutschland muss sich fragen ob diese Mehrbelastung für einen großen Teil der Bevölkerung nicht auch eine Innovations und Fortschrittsbremse ist. Ich denke, wir können uns diese Diskriminierungen nicht mehr leisten.